laut.de-Kritik
Hoppla: Das sind Experimente, die nicht jedem Fan gefallen werden.
Review von Jens BrüggemannEs bleibt offen, ob sich dem geneigten Pur-Hörer die im Titel gestellte Frage innerhalb der Spieldauer von 61 Minuten beantwortet. Einige werden erfreut, die meisten erstaunt und viele vermutlich auch entsetzt ob des aktuellen Albums zurück bleiben. Pur haben mit "Was Ist Passiert?" einen Schritt gemacht, je nach Perspektive in eine andere Richtung.
Hinter der optisch ansprechenden Pappfassade der Verpackung finden sich nicht nur der Tonträger, sondern auch ein vielsagendes Booklet. Neben den Songtexten enthält es auch ein Vorwort von Hartmut Engler und zwischendurch auch kleine Zitathäppchen mit leichter philosophischer Kost: "Auf das Licht am Ende des Tunnels zugehen, ist eine lohnende Beschäftigung". Ja genau.
Ganz im Stil früherer Alben wie "Abenteuerland" erzählen die Songs Geschichten, oft im bekannten musikalischen Gewand. Tränentreibend-elegische Texte von Hartmut Engler wechseln sich ab mit purer Oberflächlichkeit. Der textliche Tiefgang erreicht seinen Höhepunkt im persönlichsten Song Englers "Walzer Für Dich", in dem er Abschied von seinem verstorbenen Vater nimmt.
Schon der zweite Titel "Mehr Als Dein Verstand" macht klar, dass Pur Neues gewagt haben. Ob der Pur-Fan das Elektro-Pop-Gewaber mit arabisch anmutenden Samples, die noisigen Gitarrenriffs im Einstieg und dazu den bekannten Gesang goutieren will, sei dahin gestellt. Beim Chorus aber greift die Band auf geschätzte Pur-Strukturen zurück. Und das passt nun wirklich nicht zusammen.
Dass Pur sich entwickelt haben, steht außer Frage und ist sicher lobenswert. Die Entwicklung wird aber kaum jedem gefallen, da sie sich neben dem bekannten Deutsch-Rock schon zu weit in den experimentellen Bereich hinauswagen. Das ist dann nicht mehr pure Musik, sondern klingt eher missglückt. Dennoch steuern Pur mit dem neuen Album, teilweise noch etwas holprig, gen Neuland und damit in die richtige Richtung.
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