laut.de-Kritik

Storyteller Dendemann hat (noch) nichts zu befürchten.

Review von

"Das ist Purkwa am Mic und Crada am Mix." Ah! Crada läuft einem ja in letzter Zeit ständig über den Weg. Zuletzt lieferte er auf Chakuzas "City Cobra" einen wahrhaft "Hollywoodreif"en Auftritt - doch wer zum Teufel ist der Typ am Mikrofon? "Ein Lyricist aus dem Nichts", ganz recht. Nur, dass dieses Nichts in Oberfranken liegt, und man beim Stichwort Musik aus Bayreuth bisher nicht unbedingt an Hip Hop dachte.

Möglich, dass sich das künftig ändern muss. Auf jeden Fall hat Purkwas komplett in Eigenregie realisiertes Solo-Debüt Beachtung verdient. Die Abstriche vorab: Dieser "Piratensender" funkt weder die Ergüsse des neuen Raptechnik-Wunderkinds, noch geht ein Geschichtenerzähler on Air, in dessen Angesicht Dendemann um seinen Status als Storyteller Nummer 1 bangen müsste. Der Witz kommt für meinen Geschmack ein wenig zu kurz. Zudem wagt Purkwa zu selten den Schritt aus der eigenen Perspektive. Schade, denn dass er das durchaus drauf hat, beweisen "Viele Bars Parkbank Blues".

Stattdessen bleibt Purkwa überwiegend er selbst. "Piratensender" gerät so zwar insgesamt ein wenig egozentrisch, dafür aber umso autenthischer. Purkwa feiert mit "Unsere Zeit" einen knackigen Einstand, schildert seinen Werdegang, seine Liebe zum "Movement" Hip Hop, beweint Kommunikationsprobleme ("Kein Wort"), zelebriert optimistisch die Freude am Augenblick ("Nur Für Dich") und lässt seine Hörer an seiner Befindlichkeit vor, während und nach der Show (vor "Zwischen 20 Und 600" Leuten nämlich) teilhaben.

Völlig unverstellt gestattet er Einblicke in seine Gedanken und nimmt sich darüber hinaus kämpferische Kritik an der nicht nur in der Rap-Szene herrschenden Doppelmoral heraus: "Austauschbar" wirkt der Mann aus Franken dabei keineswegs, und da er sich letztlich nicht scheut, in den Spiegel, den er anderen vorhält, auch selbst einen skeptischen Blick zu werfen, lässt sich ihm auch schwerlich Arroganz vorwerfen. Nö, eigentlich wirkt die Darbietung durch und durch echt und sympathisch.

Zahlreiche Respektsbekundungen an Kollegen von Talib Kweli bis Masta Ace, von Freundeskreis bis David P, von Promoe bis zur Sektion Kuchikäschtli, lassen Purkwa zudem in einem entwaffnend freundlichen Licht erscheinen. Hier reimt und flowt einer zwar noch lange nicht in der gleichen Liga, erinnert aber in Auftreten und Ästhetik das eine oder andere Mal durchaus an Curse. Dieses Eindrucks konnte ich mich insbesondere bei "Irgendwann" über einem auf Piano und Bass reduzierten sachten Beat nur schwer erwehren.

"Auf gefühlvollen Beats liegen persönliche Raps", das darf so stehen bleiben. Crada untermalt und umrahmt Purkwas Performance mit stimmungsvollen Instrumentals. Von Soul bis Samba steckt alles drin. Dass die Bässe das eine oder andere Mal ein wenig dumpf daher kommen, stört den Gesamteindruck nur unwesentlich. Falls doch, wetzen wirklich tolle Basslinien diese kleine Scharte mühelos aus.

All dies führt dazu, dass ich Purkwas selbstbewusste Einschätzung durchaus zu teilen bereit bin: Hier rappt ein "MC, der Entwicklung garantiert wie Blütenstaub". Ach, scheiß auf die ganzen Allergiker! Dafür reiß' ich gerne mal "Tausend Fenster" auf.

Trackliste

  1. 1. Unsere Zeit
  2. 2. Du Hast Doch Selbst Gesagt (mit Ruben Rodriguez)
  3. 3. Auf Halbem Weg
  4. 4. Intention
  5. 5. Austauschbar
  6. 6. Movement
  7. 7. Kein Wort
  8. 8. Viele Bars Parkbankblues
  9. 9. Nur Für Dich
  10. 10. Irgendwann
  11. 11. La Manifestación (mit Ruben Rodriguez)
  12. 12. Zwischen 20 Und 200 (mit Fatma)
  13. 13. Dieser Sound
  14. 14. Tausend Fenster

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