laut.de-Kritik

Macht trotz guter Ansätze überhaupt keinen Spaß.

Review von

"Jetzt mal im Ernst, wenn du was Falsches sagst von mir / Dann komm' ich nachts mit einer Axt, um dir den Schwanz zu amputieren." Huuuh! Glücklicherweise wurde ich in erboster Leserpost schon so oft als schwanzloser Wichser tituliert, dass ich mich im Angesicht derartiger Drohungen auf relativ sicherer Seite wähne. Ich werfe also mal beherzt ein "Dieses Album macht wirklich überhaupt keinen Spaß!" in den Ring.

"City Cobra" macht keinen Spaß, obwohl mir zahlreiche Ansätze extrem gut gefallen. Man nehme zum Beispiel die Beats: Den Löwenanteil liefert Chakuza gemeinsam mit seinem quasi-siamesischen Zwilling DJ Stickle. Auf musikalischem Gebiet leisten die Herren Beatlefield, genau wie die geladenen Gastproduzenten, sehr respektable Arbeit.

Angefangen bei theatralischer Intro-Imposanz, die sich aus dem Hintergrund über Hubschrauber- und Störgeräusche schiebt, über gepitchte Voice-Samples ("Gott Sei Dank"), rumpelnde Bassteppiche ("Tage Des Donners"), düster-stimmungsvolle Pianopassagen ("Diese Eine"), "Hollywoodreif"e Revue-Einlagen und sogar E-Gitarren ("Killamusic") bis hin zum Outro: Obwohl durchgehend finster, legen die Instrumentals erfreuliche Vielfalt und gehobene Klasse an den Tag.

An den Inhalten meckert sich ebenfalls schlecht. Okay, meine-Faust-in-dein-Gesicht-Punchlines, selbstreflektierende Nabelschauen und eine gefühlsbeladene Ode an die Liebste zu Hause, da bleiben die Etiketten "Besonders originell!" oder gar "Nie zuvor gehört!" zwar getrost in der Schublade. Dennoch: Immerhin werden verschiedene Themenfelder abgedeckt. Der eine oder andere Blick hinter die steinerne Fassade zeigt einen authentischen, nachdenklichen Kerl, der Dinge zuweilen recht knackig auf den Punkt bringt.

"Es tut mir leid, wenn ihr meint, ich hab' sie dazu gebracht." In "Eure Kinder" schieben Chakuza und Bushido (übrigens begleitet von einer hochgradig gelungenen Verwurstung von Snaps "Rhythm Is A Dancer") die Verantwortung für die dumpfe Stumpfheit der jungen Generation von der verteufelten Rap-Musik zurück dahin, wo sie wesentlich besser aufgehoben ist: in gleichgültige Elternhäuser. Wahre Worte, die die beiden da gelassen aussprechen: "Es sind doch eure Kinder".

Auf den Mund gefallen scheint der Mann aus Linz jedenfalls nicht zu sein. Er bedient sich eines recht martialisches Vokabulars. Zudem kann ich mir vorstellen, dass die überaus plastischen und schier allgegenwärtigen Analpenetrations-Anekdoten so manchem Leser aus der Hauptzielgruppe Ralf Königs das Herz aufgehen lassen, denn arschgefickt wird zur Abwechslung mal nicht die Schlampe von nebenan, wohl aber der unterlegene Konkurrent. Aber egal, für vernichtende Beschimpfungen wie "dein Vater ist der Leadsänger von Pur" kann man das schon mal aushalten.

Musikalisch okay, textlich okay, Chakuzas Flow ist auch nicht ganz übel, wenngleich wir hier mit Sicherheit nicht den neuen Rap-Messias am Mikrofon begrüßen: Woran hakt es dann, zum Kuckuck? Den Gesamteindruck versaut mir (weswegen mich im Übrigen auch Bushidos Output in aller Regel erbärmlich langweilt) die unerschütterliche Gleichförmigkeit im Vortrag. Meditationen über die Schwierigkeiten, im Musikgeschäft Fuß zu fassen, bietet er in identischer Weise dar, wie er der weinenden Liebsten das Herz zu Füßen legt und dem rappenden Widersacher die verbale Brechstange ins Gebiss drischt.

Also, ehrlich! Einen Hauch Differenzierung hätte ich mir da schon gewünscht. Bushido als Featuregast fällt kaum auf, zu stark ähneln sich diese beiden guten Jungens in ihrer Performance. Über den grottigen Part von Sprachtot in "Was Glaubst Du?" möchte ich mich ausnahmsweise ausschweigen. Dazu nur soviel: Der Typ macht seinem Alias wirklich alle Ehre.

Hoch willkommene Abwechslung bringt einzig RAF mit französischen Lines und Ragga-Appeal im Titeltrack, für den Sti aus dicken Bässen ein leicht orientalisch angehauchtes Fundament zimmert. Erstaunlicherweise tönt hier auch Chakuza erstmals wirklich emotional aufgewühlt, will meinen stocksauer. Wie doch ein wenig mehr Extrovertiertheit gleich den Gesamteindruck aufhübscht! Mehr davon, und beim nächsten Mal zittern mir dann tatsächlich die Hände. Versprochen.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Gott Sei Dank
  3. 3. Wo Sind Sie Jetzt?
  4. 4. Tage Des Donners
  5. 5. Eure Kinder feat. Bushido
  6. 6. Hollywoodreif
  7. 7. Killamusic
  8. 8. Augen Auf, Klappe Zu
  9. 9. Sollten Alle Untergehen
  10. 10. City Cobra feat. RAF
  11. 11. Salem
  12. 12. Was Glaubst Du? feat. Sprachtot
  13. 13. Ein Verdammter Song
  14. 14. Diese Eine
  15. 15. Over The Top
  16. 16. Outro

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197 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Tut mir leid, aber dieses Album kannst man in die Tonne kloppen, leider hat nicht jeder so viel Talent wie der Labelchef und das obwohl die Ansätze vorhanden sind.

  • Vor 17 Jahren

    @Rower (« Tut mir leid, aber dieses Album kannst man in die Tonne kloppen, leider hat nicht jeder so viel Talent wie der Labelchef und das obwohl die Ansätze vorhanden sind. »):

    Also, ich bin Bushido Sympathisant seit Anfang 2003.Aber wo hat er denn bitte Talent?Er ist bestenfalls ein durchschnittlicher Rapper, der seine Texte nicht mal komplett selber schreibt.Unter Talent versteh ich was anderes.Wenn du das Talent auf seine Beats beziehen würdest, dann könnte ich dir zu 100% zustimmen.Für mich ist er einer, wenn nicht der beste Produzent Deutschlands(zumindest für Leute, die auf atmosphärische Beats stehen).

    "City Cobra" ist ein gutes Album, wovon aber leider nix hängen geblieben ist, in meinen Gehörgängen.Also, so gut kann es ja dann doch nicht sein... :\

  • Vor 17 Jahren

    werde nie verstehen, warum bushido so unglaublich grottige weichgurken wie chakuza signt. soll er sich lieber auf sich selbst konzentrieren, und ein ccn3 produzieren. wage mal zu behaupten das niemand chakuza hören würde, wenn er nicht bei egj wäre.