laut.de-Kritik

Alien-Hirnies, frenetische Fans und zwei legendäre Platten.

Review von

Zuletzt haben sich Queensryche hauptsächlich damit einen Namen gemacht, so viele Best-Of-Scheiben und Live-Veröffentlichungen auf den Markt zu werfen, dass man es kaum mehr ertragen kann. Und nun steht mit "Mindecrime At The Moore" schon das nächste Teil an?

Na zum Glück, möchte ich sagen. Denn die Chance, dass wir die Band aus Seattle mal in deutschen Hallen mit den beiden "Operation: Mindcrime"-Alben sehen werden, ist eher gering. Da kommt diese Doppel-DVD/CD gerade recht, um ebenfalls in den Genuss der Live-Darstellung dieser beiden Platten zu kommen. Dass Queensryche das in ihrer Heimatstadt stehende Moore Theatre als Aufzeichnungsort wählten, zahlt sich natürlich nicht nur dank der frenetischen Fans aus, sondern auch wegen der phantastischen Kulisse.

An vermutlich zwei Abenden (Oder haben sie einfach nur eine Pause zwischen den beiden Alben eingelegt?) legen Queensryche eine fast schon perfekte Inszenierung der beiden Erfolgsscheiben hin. Videoeinspielungen, Schauspieler, Trommlergruppen und natürlich die Band selbst machen das Ganze schon eher zu einer Art Musical, denn zu einem schlichten Liveauftritt.

Bereits zum Intro zu "Anarchy-X" marschiert erwähnte Trommlergruppe auf die Bühne, verschwindet dann aber wieder und lässt nur einen Nikki-Schauspieler und Pamela Moore - alias Sister Mary - mit der Band zurück.

Während Geoff, wie üblich mit Kopfhörermikro ausgerüstet, viel Bewegungsfreiheit genießt, nervt Gitarrist Mike Stone eingangs wieder mit Kapuze und Gesichtsmaske. Hat wohl zuviel Wes Borland beobachtet, der Kerl. Beides legt er aber recht bald ab und glänzt, genauso wie sein Kollege Michael Wilton, durch perfektes Gitarrenspiel und Backingvocals, die jedoch meist zu perfekt klingen, um wirklich live zu sein.

Der Nikki-Darsteller kehrt öfters auf die Bühne zurück und ist auch in den Leinwand-Einspielern zu sehen. Durch die Bewegungsfreiheit von Geoff und die Interaktion mit Moore wird der Musicalfaktor noch verstärkt. Auch der Bühnenaufbau kann sich sehen lassen. Mit einer Rampe und einem Riser für die Darsteller und Sänger lässt sich die Story ganz gut visualisieren. Das Drumset von Scott Rockenfield steht links daneben und lässt den Akteuren so mehr Raum zur Entfaltung.

Gesanglich gibt es an der Performance von Pamela und Geoff nicht das Geringste auszusetzen. Allerdings erinnert Geoff bei seiner Darstellung immer ein wenig an Captain James T. Kirk, wenn er versucht, sich gegen den mentalen Einfluss irgendwelcher Alien-Hirnies zu wehren. Das ist immer mal wieder für den ein oder andere Grinser gut. Mit den Publikumsreaktion gehen die Mischer auch gern sehr euphorisch um, vor allem, wenn auf einmal innerhalb der Songs die Fans beinahe die Lautstärke der Band erreichen.

Berechtigte Euphorie ist allerdings angesagt, wenn Pamela erstmals auf der Bühne erscheint. Die Dame hat sich seit dem Bang Your Head-Auftritt 2004 offensichtlich wieder ein wenig mehr in Form gebracht. Diese lässt man sich in dem hautengen Dress gefallen, und gesanglich ist die Dame einmal mehr erstklassig. Zwar sind ihre Gesten ein wenig zu dramatisch, doch nimmt man ihr ihre Rolle doch etwas besser ab.

Die Kameraschnitte werden zwar nicht übermäßig hektisch gesetzt, allerdings hätten sich gerade bei den künstlerischen Darstellungen doch die ein oder andere länger Einstellung und auch mal eine anständige Kamerafahrt angeboten. Ansonsten hat man zu jeder Zeit das Gefühl, noch deutlich näher am Geschehen zu sein, als die Fans in der ersten Reihe. Zum Ende von "Eyes Of A Stranger" kehrt die Trommlergruppe auf die Bühne zurück und bringt den ersten Teil der Saga zu einem furiosen Ende.

Im zweiten Teil präsentiert sich Geoff im smarten Zwirn und Pamela Moore macht mit schwarzer Haarpracht wieder richtig was her. Die Klamotten werden natürlich genau so oft gewechselt, wie im ersten Teil der Geschichte, und auch in Sachen Dekoration und Einspieler werden die Gäste der zweiten Show nicht mit halben Sachen abgespeist. Mr. Stone glänzt wieder mit irgendwelchen seltsamen Aufklebern unter den Augen, erinnert mit seinem Iro aber massiv an Joey Vera.

War "Operation: Mindcrime II" auf der Studioscheibe soundtechnisch ein wenig dünn, klingt das live doch druckvoller. Für den Gig in Seattle stand Ronnie James Dio als Doktor X leider nicht zur Verfügung und sein Part kommt vom Band bzw. Videoleinwand, doch im Bonus-Teil der zweiten DVD gibt es natürlich auch "The Chase" zu bestaunen, bei dem der kleine Großmeister live mit auf der Bühne steht. Gesanglich eine Wucht, aber der alte Knabe wird auch nicht jünger.

Das Bonus-Material begrenzt sich dann zwar auf einige bedingt unterhaltsame Kapitel wie die "Tourdocumentary", die sich in der ersten Hälfte mit den Vorbereitungen auf den Gig befasst, oder "Queensryche Rock & Ride". Dabei handelt es sich um ein Benefiz-Motorradrennen, um Geld für Musikunterricht an Schulen zu sammeln. Schöne Idee, aber zumindest auf der DVD nicht sonderlich ergiebig. Eine handlesübliche Fotogallerie rundet die Sache ab.

Auch wenn ich hoffe, die nächste Zeit vor weiteren Live-Veröffentlichungen Queensryches verschont zu bleiben: "Mindcrime At The Moore" rangiert auf der Liste empfehlenswerter Live-DVDs weit oben.

Trackliste

DVD 1

  1. 1. I Remember Now
  2. 2. Anarchy-X
  3. 3. Revolution Calling
  4. 4. Operation: Mindcrime
  5. 5. Speak
  6. 6. Spreading The Disease
  7. 7. The Mission
  8. 8. Suite Sister Mary
  9. 9. The Needle Lies
  10. 10. Electric Requiem
  11. 11. Breaking The Silence
  12. 12. I Don't Believe In Love
  13. 13. Waiting For 22
  14. 14. My Empty Room
  15. 15. Eyes Of A Stranger

DVD 2

  1. 1. Freiheit Ouvertüre
  2. 2. Convict
  3. 3. I'm American
  4. 4. One Foot In Hell
  5. 5. Hostage
  6. 6. The Hands
  7. 7. Speed Of Light
  8. 8. Signs Say Go
  9. 9. Re-Arrange You
  10. 10. The Chase
  11. 11. Murderer?
  12. 12. Circles
  13. 13. If I Could Change It All
  14. 14. An Intentional Confrontation
  15. 15. A Junkie's Blues
  16. 16. Fear City Slide
  17. 17. All The Promises
  18. 18. Walk In The Shadows
  19. 19. Jet City Woman

Bonus Features

  1. 20. Tour Documentary
  2. 21. The Chase - feat. Ronnie James Dio
  3. 22. Queensryche Rock & Ride

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Queensryche – Mindcrime at the Moore €32,42 Frei €35,42

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Queensryche

1981 gründen Chris DeGarmo und Michael Wilton (beide Gitarre) in Bellevue bei Seattle die Gruppe Queensryche, nachdem sie (mitunter auch gemeinsam) bereits …

Noch keine Kommentare