laut.de-Kritik

Eine sakrale Reise in die 60er Jahre.

Review von

Es hat oft etwas Rührendes, wenn sich in Würde gealterte Musiker ihrem Back Catalogue annehmen. Die Pixies, wie sie "Doolittle" spielen. Bryan Ferry, der "Do The Strand" in sein Set integriert. Und nun Ray Davies, der gleich ein ganzes Album mit Kinks-Klassikern neu einspielt.

Allerdings unter Verwendung einer im Rock-Genre zwiespältig betrachteten Unterstützung: Einem Chor. Und noch während man einige dieser unschönen Rock-/Klassik-Kollaborationen insgeheim zu verdrängen sucht, landet "Days" mit Unterstützung engelsgleicher Chorstimmen federweich im Gehörgang.

"Thank you for the days / Those endless days / those sacred days you gave me", haucht der Meister mit Blick auf seine glorreiche Vergangenheit, als die Kinks einige der berühmtesten Songs der 60er Jahre komponierten.

Bereits 2007 trat Davies bei den BBC Electric Proms mit dem 65-köpfigen Crouch End Festival-Chor auf. Die allgemeine Begeisterung der Anwesenden spülte das Team nun gemeinsam ins Aufnahmestudio.

Dabei degradiert Davies die Arbeit seiner Kollegen nicht zur Soundstaffage, sondern überlässt ihnen großzügig Soloparts und teilweise ganze Strophen. Mit zwiespältigem Erfolg.

Das schon in der Original-Melodie traditionell-sakrale Strukturen aufweisende "Waterloo Sunset" erinnert mit Chor plötzlich frappant an den Kirchentag, das gospelrockige "Victoria" in den temporeichen Strophen dank Wechselgesang an "Sister Act". Beim Evergreen "You Really Got Me" wurde dieses Malheur dank eines durchdachteren Arrangements vermieden.

Gleichzeitig stellt sich immer wieder heraus, dass die von Beat- über Vaudeville- bis hin zu Broadway-Stimmungen geprägten Kinks-Songs für ein chorales Gesamtgefüge praktisch prädestiniert sind. Sei es im rein akustisch vorgetragenen "See My Friends" oder im "Village Green"-Medley, worin besonders "Picture Book" und "Do You Remember, Walter?" feinfühlig umgesetzt wurden.

Dass Davies' Stimme nicht nur erstaunlich jung klingt, sondern auch den Esprit alter Tage verströmt, muss man dem 65-jährigen Songwriter im Kontext dieses Projekts hoch anrechnen. Müde Nostalgie wäre ohnehin das letzte, was sich Davies wünschen würde. "Ich lebe und atme im 21. Jahrhundert. Und ich denke immer, dass der nächste Song der Großartigste wird."

Trackliste

  1. 1. Days
  2. 2. Waterloo Sunset
  3. 3. You Really Got Me
  4. 4. Victoria
  5. 5. See My Friends
  6. 6. Celluloid Heroes
  7. 7. Shangri-La
  8. 8. Working Man's Café
  9. 9. Village Green Medley
  10. 10. All Day and All of the Night

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