laut.de-Kritik

Düster-brutale Geschichten zwischen Blues und Grunge.

Review von

Zur Stummfilmzeit war der US-amerikanische Schauspieler Lon Chaney, aufgrund seiner wandelbaren Auftritte in zahlreichen Horrorfilmen als der 'Mann der 1000 Gesichter' bekannt. Obgleich keine Blutsverwandschaft vorliegt, scheint Robert Chaney doch zumindest ein brother in crime zu sein. Ursprünglich aus den Vereinigten Staaten und jetzt in London ansässig, schlüpft der Chaney der Gegenwart auf seinem Debütalbum "Cracked Picture Frames" von einer Rolle in die andere und erzählt Geschichten, die oft düster und brutal erscheinen.

Im Opener "Black Eyed Susan" geht es um häusliche Gewalt, aber die Perspektive ist ungewöhnlich, es singt nämlich der Täter: "I'm the one who's torn inside but she's the one who's bruising". "The Cyclist" erinnert thematisch an die alte Country-Ballade "Long Black Veil". In einer cineastischen Ergründung von Sünde, Schuld und Scham geht es um den Verrat am eigenen Bruder. Schon die ersten Zeilen lassen die fatalen Folgen erahnen: "I've only had one love in my life and she and my brother were married / But her eyes they were mine and the same with her heart and the same with the babies she carried". Das letzte Lied der Platte handelt dann sogar von einer wahren Begebenheit, in der Roberts ehemalige Arbeitskollegin in einem Anfall von religiösem Fanatismus ihrem Neffen die Augen ausstach. Der Refrain endet dementsprechend mit der Feststellung "even a blind man can see how the Lord works in mysterious ways". Chaneys Stärke besteht darin, Geschichten durch seine Erzählperspektive lebensnah und modern zu vermitteln.

Obwohl es die Geschichten sind, mit denen sich Chaney hervortut, gibt es auf Cracked Picture Frames auch persönliche Momente. "Patch It Up" vergleicht ein stürmisches Verhältnis mit den Auswirkungen eines Hurricanes (Chaney hat lange in Florida gelebt), während "I Didn't Want Her Anyway" den Schwanengesang einer unglücklichen Beziehung anstimmt.

Das Album begnügt sich hinsichtlich der Begleitung mit der Akustikgitarre, was stellenweise etwas sparsam instrumentiert wirkt. Trotzdem wartet diese mit Variationen im Sound auf. Mal klar und folkig, mal verzerrt irgendwo zwischen Blues und Grunge. Chaneys Stimme lässt zudem die Einflüsse von John Prine und Bob Dylan erahnen.

Mit "Cracked Picture Frame" liefert Robert Chaney ein starkes Debüt ab, das Lust auf einen Besuch bei einem seiner Live-Gigs macht.

Trackliste

  1. 1. Black Eyed Susan
  2. 2. The Morning After
  3. 3. Does Your Love Pay Out in Full?
  4. 4. Patch It Up
  5. 5. The Simplest Words
  6. 6. The Cyclist
  7. 7. I Didn't Want Her Anyway
  8. 8. Birds and Bees
  9. 9. Corazones Amarillos
  10. 10. The Ballad Of Edward And Lisa

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