laut.de-Kritik
Psychedelik, Jams, aber zu wenig Songwriting.
Review von Manuel BergerEine hypnotische Bassline, ansteckende Percussion, die Gitarren dredeln irgendwo in Tito & Tarantula-Jam-Sphären. Bevor "Echolot" den Fuzz anwirft, präsentieren Rotor erst einmal den Psychedelik-Teil ihrer Arbeit. So umreißt der Opener schon einmal im Wesentlichen, in welche Richtung sich "Fünf" bewegen wird.
Rotor sind zwar inzwischen vom Trio zum Quartett mutiert, die DNA bleibt dieselbe. Instrumentaler Stoner-Rock à la Kyuss oder Karma To Burn, gewürzt mit rhythmusgetriebenen Psychedelic-Stoffen. Trockener Wüstensound meets bisweilen filigrane Melodiearbeit.
Statt im Weedrausch für dope befundene Riffs bis zum Exzess in endloser Repetition totzuspielen, setzen Rotor erfreulicherweise auf Abwechslung. Stillstand herrscht in den acht Songs auf "Fünf" so gut wie nie. Die Stücke verändern sich ständig, die Instrumentalisten ruhen sich nicht auf ihren Errungenschaften aus, sondern bemühen sich stets, den Ist-Zustand weiterzuentwickeln und neue Gliedchen herauszukitzeln.
Neben "Echolot" dient in dieser Hinsicht vor allem "Volllast" als Musterbeispiel. Auch wenn das feine Akustik-Intro angesichts der brachial einsetzenden Fuzz-Wand etwas überflüssig erscheint. Das hätte man schöner aufbauen können. Spätestens wenn der nächste ruhige Part mit orientalisierten Melodien anrückt und man sich herrlich in der Rotor-Sphäre verlieren kann, hat einen der Track jedoch wieder. Seinen Höhepunkt erreicht er, wenn die Gitarren eine Pause einlegen und stattdessen Synthies und Bass das Kommando übernehmen.
Der Übergang zu "Okatgon" fällt dann etwas abrupt aus. Zumal der ebenfalls orientalisch getriebene Track im direkten Vergleich untergeht. Auf den ersten Blick dank launiger Melodie reizvoll, auf den zweiten doch eher was für den Proberaum als für einen ganzen Albumsong. Eine spaßige Skala allein macht eben noch keine Komposition.
Dieses Problem zieht sich durch die schwächeren Momente des Albums. Zwar wird variiert und improvisiert, was das Zeug hält, doch bisweilen vergessen Rotor darüber das Songwriting. Für den Moment und live bringt das zweifellos Freude. Mit laufender Plattenspielzeit schlafen jedoch irgendwann die Aufmerksamkeitswichtel ein. Weckruf leistet erst "Weltall Erde Rotor", das zwar in der ersten Hälfte mit genau denselben Schwierigkeiten zu kämpfen hat, sich hintenraus jedoch zur veritablen Hymne entwickelt.
Für Instrumental-Stoner- und Jam-Geeks liefern Rotor genau das Richtige. Für Leute außerhalb dieses schmalen Horizonts dürfte "Fünf" allerdings schnell langweilig werden. Was nicht hätte sein müssen. "Echolot" beweist schließlich gleich zu Beginn, dass in dem Berliner Vierer durchaus auch ein guter Dramaturg steckt. Genausowenig verstecken braucht sich das poppige "Rabensol". Nächstes Mal bitte mehr davon.
3 Kommentare mit einer Antwort
Kann man wirklich in einem Rutsch durchhören, tolles Teil! Rabensol und Volllast sind meine persönlichen Highlights. Besonders das Mainriff von Volllast hat sich bei mir tief im Gehirn eingebrannt.
So unterschiedlich sind die Geschmäcker.
Habe alle 5 Scheiben und finde es sehr mutig, dass Rotor nach wie vor (fast) ohne Songwriting auskommt. Mir ist es auch etwas zu einfach, Rotor nur in die Stoner-Ecke zu stellen. Zu Variantenreich ist ihr Spiel und diese Spiellust merkt man an der Rhythmik bei Echolot, ganz besonders bei Fette Kette und auch noch bei Scheusal, welche auch alle zu meinen Lieblingsstücken gehören.
Ich sehe hier Ähnlichkeiten und vielleicht auch Einflüsse von Doldinger's Passport oder auch mal Dream Theater, aber bestimmt Colour Haze. Also schon mehr Komplexität und Tiefe, was gleichzeitig bedeutet, dass Rotor nicht ganz so leicht zugänglich sind. Aber das liebe ich an Combos, die sich nicht dem Mainstream verschreiben, sondern das machen, was ihnen Spaß macht. Weiter so!
Klar, dass die pubertäre Kanalratte Berger damit nix anfangen kann.