laut.de-Kritik
Experimentierfreude wird erwartet - und geboten.
Review von Dani FrommAls einer der (abzählbar vielen) Sensational-Fans werde ich mich wohl irgendwann damit abfinden müssen: Der Mann aus Brooklyn is' nix für die breite Masse. Ich weiß das. Trotzdem werde ich anlässlich seines sechsten Albums einen weiteren Missionierungsversuch starten, und das, obwohl es (laut Titel) für sich spricht. Finster, anstrengend und durchgeknallt war Sensational schon immer, "Speaks For Itself" setzt die Tradition nahtlos fort. Ein Spaziergang durch blühende Wiesen ist das nicht. Wer sich aber auf Sensationals Illness einlässt, erntet Hörerfahrungen der besonderen Art. Experimentierfreude wird erwartet - und geboten.
Sensational lässt Unklarheiten erst gar nicht aufkommen: "I Always Rock It Right." Ob sich darüber die Geister scheiden: Ihm scheißegal. (Mir auch, er hat recht.) Der Wechsel zum belgischen Label Quatermass hat keine Spuren im Sound hinterlassen: Der ist immer noch unverkennbar WordSound. Mit minimalen Mitteln maximale Düsternis zu erschaffen, schien das vorrangige Ziel der New Yorker Schmiede für dunklen Dub und abwegigen Hip Hop zu sein. Sensational behält diesen Kurs bei; unter den Augen eines Ill Saint aka Skiz Fernando als Executive Producer nicht weiter verwunderlich. Nach vielen Jahren im Geschäft klingt Sensational immer noch nach Sensational. "My Style You Like." Für wen das bisher nicht galt, der braucht gar nicht erst weiterlesen.
Das Upgrade von No-Fi zu Low-Fi vollzog Sensational irgendwann zwischen "Loaded With Power" und "Corner The Market". Auf der Low-Fi-Stufe befinden wir uns noch heute. Die knarzigen Bässe, Elektrobeats und schrägen Soundflächen tönen, als wären sie wie eh und je im Bomb Shelter, Sensationals Kellerstudio, eingespielt worden. Besonders in "Art" und "My Flows Hot" kommt Sensationals näselnder Rap derart verzerrt an, dass ich mich frage, ob er etwa (Back to the roots?) dazu übergegangen ist, statt eines Mikrofons wieder einen Kopfhörer zu verwenden.
"Obvious I'm Marvellous" und "My Flows Hot" behauptet Sensational, dem es an Selbstbewusstsein nicht mangelt, und ich sage: Jawohl! Näher am Beat als in seinen Anfangszeiten, hat er dennoch nichts von seiner Kompromisslosigkeit verloren. Stellenweise wirkt der Rap wie eine über das Instrumental gelegte Unterhaltung; die Übergänge zu einer Spoken-Word-Performance sind fließend.
Kaum ein Track dauert länger als drei Minuten; ihre Dichte lässt sie allerdings sämtlich wesentlich länger wirken. In "Flossin On The Ave" jagt ein getriebener Beat mit gehetzten Raps um die Wette. Eingeschobene scheppernde Versatzstücke lassen "Feel It Vibrate" tatsächlich vibrieren. In "Art" scheint der Hintergrund beständig zu wabern - Behaglichkeit ist für Plüschis - während "Groovie Groove" mit einem Bass daher kommt, der an "Last Night A DJ Saved My Life" denken lässt. "What we do is so cool like ice cubes in a drink." Verlockende Vorstellung bei den herrschenden Temperaturen. Ya know what I'm sayin'? This is Sensational. Liebt es oder hasst es.
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