Soufian - " S.O.S."

Haftbefehls Entdeckung haut sein zweites Album raus. Dabei steht "S.O.S." nicht für ein international übliches Notsignal, sondern für "Soufian on Sott". Platinproduzent Sott schraubte jeden der 13 Beats und legt einen zusammenhängenden Klangteppich, der zu den düster-aggressiven Straßengeschichten des Nachwuchs-Azzlacks passt.

Dass Soufian nicht in den prächtigsten Verhältnissen lebt, verdeutlicht bereits der Opener "Imperial": "Frag den Jungen, warum er weint, weil er Kummer hat". Dieser verletzliche Moment bleibt im Laufe der 36 Minuten allerdings einer der wenigen. Soufian lässt seine Deckung meistens oben. Stattdessen rollt er im Maybach, raucht den besten Stoff und scheißt auf die 90 Prozent, die Schutzgeld bezahlen. Denn mit seinen 21 Jahren habe er sich längst vom schwachen Vegeta zum mächtigen Super Vegeta verwandelt.

Der Vergleich mit der "Dragon Ball"-Figur zieht. Vor ziemlich genau drei Jahren kam Soufian bei Generation Azzlack unter. Damals war er noch ein ungeschliffenes Juwel, das zwar vor Talent strotzte, die stark abfärbenden Einflüsse von Labelboss Haftbefehl und französischem Rap allerdings nicht leugnen konnte. Vegeta trainierte drei Jahre, um seine Superform zu erlangen. Soufian tat das Gleiche – mit Erfolg.

Der Offenbacher giftet rum wie der unangenehme Typ, dem man in der großen Pause nicht über den Weg laufen wollte. Ruckzuck ist das Butterbrot und Geld für den Kakao weg. Das Unschuldslamm spielt Soufian gar nicht erst: "Wir hängen auf Hasch, kiffen im Park / jeden Tag, bis die Bubillen kommen / schau mich doch an, seh ich so aus / als wären meine Taschen mit Drogen voll?".

Auf einem Stück wie "Vay Vay" hätte es den Autotune-Einsatz nicht gebraucht, da er seine wirkliche Stärke verwässert: Den Vortrag. Soufian hat eine charismatische Stimme, setzt bewusst ungewöhnliche Betonungen und zieht Worte am Taktende in die Länge. Dass er dennoch mit Gefühl rappt, zeigen Songs wie "Bogotá", in denen er geschmeidig zwischen Stop-&-Go- und atemlosen Flow wechselt.

Knallige Drum-Patterns und schwere Bässe stehen im Vordergrund. Unscheinbare Samples füllen die Zwischenräume. Sotts Beats schmiegen sich perfekt an Soufians Stimme an, da sie ihr genug Raum für Experimente geben. Der Produzent hat erkannt, dass Soufians einzigartige Darbietung der Star des Albums bleiben muss.

Solange es Nachwuchs wie Soufian gibt, müssen sich Straßenrap-Fans keine Sorgen machen. Er bedient das Genre mit handwerklichem Können und der Ausstrahlung eines "La Haine"-Darstellers. Damit bietet er einen nicht jugendfreien Schwarzweißfilm, der zwar unterhält, inhaltlich aber auch nicht mehr verrät, als man vorher schon wusste.