laut.de-Kritik
Jam-Session wie aus dem Probekeller von Santana.
Review von Jasmin LützHey Stephen, da legst du aber mächtig los mit deinem neuen Album "Real Emotional Trash". Gleich der erste Song "Dragonfly Pie" haut einen mit seinem irren Gitarrenschmettern geradezu um.
Stephen Malkmus war einst Kopf der legendären Pavement, von deren musikalischer Indiepräsenz zwischen 1992 und 1999 noch heute zahlreiche Bands profitieren. Los Campesinos! sind die aktuellsten Bewunderer, und da kann man wieder nur "Geile Scheiße" schreien, dass sich die Newcomer u.a. auf diese amerikanischen Rock-Helden, die man damals gerne in England beheimatete, so schön berufen.
"Real Emotional Trash" ist das vierte Soloalbum von Stephen, zum zweiten Mal bekommt er dabei Unterstützung von seiner Begleitband The Jicks, deren Mitarbeit stets vom ersten Riff an äußerst harmonisch klingt. Wie aus dem Probekeller klingt die krachende Jam-Session. Wenn sie wollen, lassen sie alle die Rocksau raus!
Die typischen Malkmus-Emotionen fehlen dabei nicht, das hört man in "Out Of Reaches" oder im Titeltrack "Real Emotional Trash", das die Zehnminuten-Spielzeit locker übertrifft. Hier wird in gewohnter Manie die Gerätschaft bearbeitet und von plötzlichem bühnenreifen Instrumental-Wahnsinn mal eben unterbrochen. Die lebendigen Geister von Sonic Youth schweben nach wie vor über dem Helden der 90er Jahre Indie-Jugend.
Und auch Santana scheint für Malkmus ein heimliches Idol zu sein. Nicht nur "Hopscotch Willie" lässt eine Vorliebe für Carlos-Solis erahnen, und ich muss leider sagen, dass diese Alleingänge nicht nur seiner Begleitband während der Aufnahmen tierisch auf den Senkel gingen.
Der Malkmus rastet mal wieder aus - zusammen mit Produzent T.J. Doherty (Wilco, Sonic Youth) gelingt ihm das außerordentlich gut. Die neue Schlagzeugerin Janet Weiss von Sleater Kinney passt sich der Chaos-Truppe sehr gut an. Sie trommelt nicht nur locker im Takt, sondern trifft auch bei so manchem Song die passenden Töne im Background-Gesang.
Der etwas andere Kopfnicker bekommt in "Elmo Delmo" lang anhaltende Glücksgefühle, trotz Nackenstarre am nächsten Morgen. Fröhliche Popmusik erklingt endlich in "Gardenia", hier bitte alle wieder Mitsingen. Bei den beiden letzten Stücken "We Can't Help You" und "Wicked Wanda" gerät man wieder eher in das etwas düstere Soundgefälle, was Malkmus ja so gerne hat.
Abgesehen von seinen Schweinerock-Ausflügen bleibt es doch letztendlich unser Stephen Malkmus von Pavement, der Indie-König aus Portland, das Gitarrenmonster mit der geistreichen Textgestaltung. Einst verehrt von ebenfalls bewundernswerten Bands wie Hefner und Clayton Farlow. Ach ja, es sind nur zehn Stücke, aber keine Angst, die meisten Songs überschreiten die Drei-Minuten-Marke um einiges.
1 Kommentar
Also, der Santana-Vergleich ist ja wohl etwas unfair. Natürlich ist das Album gitarrenlaster als zuletzt, aber deswegen gleich Progrockexzesse zu unterstellen... Das kann Malkmus auch gar nicht, er singt immer noch großartig schlecht, die Melodien hängen schief und die Gitarre ist so verzerrt, dass sie eher an Dinosaur Jr. als an Yes erinnert. Ich würde die Platte eher mit frühsiebziger Acid-Rock oder den Soft Boys vergleichen. Anyways, tolle Platte mal wieder. Malkmus kann nicht aus seiner Pavement-Haut und das ist auch gut so...