laut.de-Kritik
Lockt mit Vogelgezwitscher in den elektronischen Zauberwald.
Review von Martina SchmidEin Sybarite ist also ein genusssüchtiger Mensch - so klärt mich zumindest das Fremdwörterbuch auf. Nach ausgiebigem Hören von "Nonument" hätte ich eine andere Übersetzung erwartet. Feingeist vielleicht, oder Tüftler.
Nein, Xian Hawkins, der Sybarite, haut hier keineswegs auf die Pauke. Eben nicht großspurig monumental, sondern nonumental. Mehr leise als laut geht es zu, minimal und vertrackt sind die Arrangements.
"The Fourth Day" ist ein verträumter Vocaltrack, der etwas Sakrales an sich hat. Die schmeichelnden Harmonien und die zerbrechliche Stimme entführen uns in ein verwunschenes digitales Märchenland. Ein schwebendes, atmosphärisch aufgeladenes Stück Musik, das einen der Höhepunkte von "Nonument" ausmacht. "Homegrown Cultures" lockt uns mit seinem Vogelgezwitscher weiter in den elektronischen Zauberwald, und die knisternden Synthiesounds haben einen bald in ihren Fängen. Knusper Knusper Knäuschen ...
Mit "Renzo Piano" treibt Hawkins seine Klangforschung zwischen düsterer Geräuschmusik und mystischen Elementen weiter. "Water" schmeckt danach schon beinahe versöhnlich melodisch, nur zu gern folgt man hypnotisiert dem Aufruf "close your eyes and fall". "The Accidental Triumph", ein sanftes, von Trompeten getragenes Stück, verlangsamt Pulsschlag und Atmung noch mal um die Hälfte und das wird dann schon fast gefährlich. Glücklicherweise legt "Leap Year" dann wieder einen Zahn zu und bewahrt vor dem sicheren Erstickungstod.
Mit "Unica Zurn" widmet der New Yorker einen Titel der surrealistischen Anagramm-Dichterin, und ich fürchte sie hätte ihre helle Freude an dem betont verzwirbelten Track gehabt. Das grenzt an mutwillige "es klingt schräg - also ist es Kunst"-Attitüde.
Kein einfaches Album ist "Nonument", je nach Hörerlaune zwischen anstrengend und magisch anzusiedeln. In gewissen Stunden könnte es aber Trance-ähnliche Zustände auszulösen, Vorsicht ist also geboten.
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