laut.de-Kritik
Das Genie hinter Pink Floyd.
Review von Giuliano BenassiSyd Barretts Einfluss auf Pink Floyd kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Schließlich gründete er die Band an der Seite von Roger Waters und brachte jene verrückte Genialität ein, von der die Band lange zehrte.
Ein Beispiel: Die Coda von "Bike", die später mit anderen Klängen in "Money" erneut zum Einsatz kam. Wie das Stück mit gesampelten und zusammen geschnittenen Enten-Tönen endet, ist heute noch sensationell.
Leider war Barrett psychisch labil und dazu noch dem LSD verfallen, was dazu führte, dass er vor seinem Abgang im April 1968 lediglich das Debüt von Pink Floyd, "The Piper At The Gates Of Dawn" verantwortete.
Natürlich brachten sich die anderen Mitglieder auch mit ein, allen voran Bassist Waters. Doch die verrückten Läufe, psychedelischen Klänge und assoziativen Texte stammten aus der Feder des Frontmanns. In dieser Zeit entstanden die ersten sechs Stücken vorliegender Zusammenstellung. "Arnold Layne", "See Emily Play" und "Bike" waren schon auf der Pink Floyd-Best Of "Echoes" (2001) in neu abgemischter Form zu hören. Hier kommen noch drei Stücke hinzu, von denen sich das sarkastische "Apples And Oranges" am meisten hervor hebt.
Jugendfreund David Gilmour, mit dem Barrett Gitarre spielen gelernt hatte und der ihn bei Pink Floyd ersetzte, tat sein Bestes, um eine Solokarriere auf die Beine zu stellen. Wie auch der Rest der Band, der auf den zwei Alben unter eigenem Namen, "The Madcap Laughs" und "Barrett" (beide 1970) die meisten Instrumente spielte und die Scheiben auch produzierte.
Es handelte sich eher um eine Herzensangelegenheit als um ein kommerzielles Unterfangen, denn vom Pink Floyd-Sound jener Zeit sind die Platten weit entfernt. Die eher bleierne Atmosphäre bestimmen monotone Akkordfolgen auf einer Akustikgitarre und Barretts wenig emotionale Stimme. Selbst in der neuen Abmischung und mit einer neuen Bassspur, die Gilmour auf "Here I Go" beigefügt hat, ist das Material schwer zu verdauen.
Dennoch übt es eine gewisse Faszination aus. Vor allem auf Künstler jener Zeit, die auf der Suche nach einem neuen Sound waren, wie etwa David Bowie. So erklärt sich das fortbleibende Interesse an den zwei Soloalben und der Demosammlung "Opel", die 1988 erschien. Das abschließende ironische "Bob Dylan Blues" entstand ebenfalls 1970 und war bereits auf einer Barrett-Best Of von 2001 zu hören.
Nach der Session endete seine Karriere als Musiker. Zu Beginn der 80er Jahre zog er nach Cambridge zu seiner Mutter zurück. Tantiemen durch den Verkauf von Pink Floyds erster Platte und finanzielle Zuwendungen seitens Gilmour ermöglichten ihm ein Leben ohne Geldsorgen. 2006 starb er an den Folgen seiner Diabetes.
Die Liebe, die im Spiel war, zeigt sich auch an diesem Album, bei dem Gilmour nicht nur die Rolle des Executive Producers übernommen, sondern auch dafür gesorgt hat, dass zum ersten Mal Barretts Texte abgedruckt werden. Das letzte Zeugnis einer tragischen Freundschaft, in der Gilmour erst die Rolle des Retters, dann des Gönners spielte.
Als Schmankerl kann man sich online mit eingelegter CD noch den Bonustrack "Rhamadan" herunter laden, eine 20-minütige Jam Session. Noch ein Grund, sich die Platte zuzulegen, die nicht nur durch gepflegten Sound, sondern auch durch das üppige und farbenfroh gestaltete Booklet eine gute Figur macht.
8 Kommentare
Syd Barret als Genie hinter Pink Floyd zu beschreiben ist ausgemachter Blödsinn.
dafür ist er nämlich viel zu früh abgekackt und hatte die Kapelle bereits 1968 verlassen müssen.
Da waren Pink Floyd noch lange nicht auf ihrem Zenit.
Die Frage ist doch viel eher: Wie hätte Pink Floyds Zenit geklungen, wenn Syd noch dabei gewesen wäre? Für mich ist das wohl DIE nicht zu beantwortende Musikfrage des letzten Jahrtausends. Noch mehr als die, ob es ohne John Lennons Tod doch noch ne Reunion der Beatles gegeben hätte.
Syd war ein absolut genialer Gitarrist, Songschreiber etc. und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie mit ihm weniger Wegweisend gewesen wären, als sie es mit David Gilmour waren. Und möglicherweise hätten sie völlig anders geklungen.
Vielleicht poppiger, vielleicht mit mehr eingängigen Singles etc. Man weiß es nicht.
Jedenfalls krame ich immer wieder gerne 'Lucy Leave' ( http://www.youtube.com/watch?v=5Q9lDEQV5Us ) hervor und denke an einen alternativen, völlig anderen Weg Pink Floyds. Aufregend!
@Liam:
interessante frage. für mich persönlich wurden sie erst interessant mit gilmour, aber ich mag bspw the wall auch nicht und finde wish you were here weitaus besser als moon.
ich kenne aber auch viele, die piper über alles schätzen und mit der gilmour-periode nichts anfangen können...
Das Syd Pink Floyd am Anfang wegweisend gelenkt hat ist sehr bekannt und wird ja auch hier wieder erwähnt, aber ich finde auch wie 'beachkartoffel' richtig sagt, dass ohne sein Ausscheiden keine Platten wie Wish You Were Here möglich gewesen wären. ER war da der Impuls als er mitten ins Studio zu allen ging und sie davon so bewegt und mitgenohmen waren. Wahrscheinlich war erst mit The Wall der Einfluss verschwunden, da hier Herr Waters (btw nächstes Jahr auf Tour in Deutschland mit The Wall und ich bin dabie ) ja seine eigene Kindheit und Geschichte verarbeitet.
So nun zum eigentlichen Thema hier...ich bin gespannt was auf dem Album einem so präsentiert wird
Ich glaube mit Syd Barret verhält es sich wie mich Cliff Burton: Sowohl Pink Floyd als auch Metallica hätten niemals diesen Stadion Rock Status erreicht, den sie heute innehaben. Ob das nun gut oder schlecht ist mag jeder für sich selbst entscheiden...
"See Emily Play"!