laut.de-Kritik

Dicke Hose, leere Pose.

Review von

Fette Gitarren, ein durchgestylter Sound - kaum Makel, was die Äußerlichkeit dieses Albums angeht. So sauber, dass man es trotz all der Gitarren und trotz des zum Teil kraftvollen Gesangs kaum noch Rock nennen kann. Warum? Rock'n'Roll hat Seele. Da darf es ruhig mal scheppern, anecken, unsauber klingen. Es soll sogar. Natürlich vorausgesetzt, man hat gute Songs. Hat man die nicht und fettet stattdessen die Aufnahme auf, um darüber hinwegzutäuschen, ist man bei "Clemenza" von Tamoto angekommen.

Dennis Poschwatta ist die eine Hälfte von Tamoto. Vor kurzem beendete er mit einer Abschiedstour die Existenz seiner Guano Apes. Er saß hinter den Drums. Mit den Apes hat er eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht. Es begann mit einem ganz guten Album, Deutschland staunte über das raue Organ der zierlichen Sandra Nasic. Da lag Hoffnung in der Luft, dass es eine neue richtig coole Rockband in Deutschland geben würde. Ähnlich wie es bei den H-Blockx zu "Time To Move"-Zeiten der Fall war. Die Alben wurden stetig schlechter, der Erfolg paradoxerweise größer, genau wie bei den H-Blockx. Letztere verabschiedeten sich mit "Ring Of Fire" davon, als Rockband ernstgenommen zu werden, die Apes schafften dies spätestens mit "Kumba Yo" und "Dödel Up".

Was macht also ein Musiker, der dem Erfolgszwang entkommen ist, der tun kann was er will? Experimentiert er vielleicht herum, macht sein eigenes Ding und lebt sich aus? Poschwatta entschied sich für sein eigenes Ding, bzw. für die Band mit seinem alten Kumpel Markus Gumball alias G-Ball, der seinerseits aus dem R'n'B-Bereich kommt. Poschwatta schnappt sich auf den Shows jetzt die Gitarre und singt selbst. Warum sollte ein so hübscher Junge auch hinter dem Schlagzeug verrotten? Es ist ein verständlicher Wunsch, wahrgenommen zu werden und dabei vielleicht auch das eine oder andere Groupie abzusahnen.

Schon die Single "Beware" ist ein Konsenstrack. Ein simpler Popsong, in Rock gekleidet - ein Ohrwurm samt Mitsingrefrain. Kontrollierte Ausbrüche, zurück zu Coda, da capo al fine. Spärlich vorhandene, akzeptable Ansätze verbleiben auf "Clemenza" meist, was sie sind. Hier klingt alles nach gewolltem Erfolg. Ist ja auch nicht verboten, Erfolg haben zu wollen. Wenn das Produkt gut ist, verdient ihn die Band auch. Das ist recht und billig. Doch hier liegen die Dinge eben anders.

Das Duo wirft allerhand in die stilistische Waagschale. Ob ein deplatziert wirkendes angefunktes Interlude oder die 'Nu Metal Rock Rap R'n'B Pop'-Soße, die sich über den Rest des Albums erstreckt - das Konzept heißt "alles sofort", und es geht einfach nicht auf. Tamoto möchten rocken, streuen zwischendurch immer wieder ruhige Gesangspassagen ein, powern den Refrain durch, drehen dann auch die Gitarren laut, aber nicht so doll, dass es jemanden stören könnte. Hat Poschwatta früher etwa auch mit einem Flippers E-Drumset geübt, bei dem man die Lautstärke regulieren konnte, um nicht bei seinen Eltern anzuecken?

Mit "Clemenza" werden sie auch bei keinem Zuhörer anecken, zumindest nicht bei den jüngeren Linkin Park-Freunden, die ja Rock in die Charts hieven, aber nur, wenn er nicht zu echt ist. Und so sind Tamoto eine Rockband light, die kein Risiko eingeht und damit wohl auch ganz gut fahren wird. Corporate Rockpop. Wieder einmal wird eine Band einen Haufen Geld kriegen, nicht verdienen wohlgemerkt. Nun ja, aber es wird eben für eine Weile laufen, vielleicht auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Vielleicht schaffen sie es ja bis nach Holland und Japan. Bis die Reunion der Guano Apes ruft. Oder bis die H-Blockx wieder einen Schlagzeuger brauchen. Rock gibt es in Deutschland an anderen Stellen, bei Tamoto ist er nicht oder höchstens als leere Pose zu finden.

Trackliste

  1. 1. Beware
  2. 2. Like A Child
  3. 3. Make A Move
  4. 4. On My Mind
  5. 5. Security Advice
  6. 6. Rollin'
  7. 7. Orange
  8. 8. Walk On Bye
  9. 9. Warriors Of The Wasteland
  10. 10. Samba Del Rios
  11. 11. On The Run Interlude
  12. 12. On The Run
  13. 13. Mirrorman
  14. 14. Never Let Me Down Again
  15. 15. Outtamoto
  16. 16. This Is The End

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