laut.de-Biographie
Teddy Swims
"Letztes Jahr hätten wir's nicht ohne Teddy Swims geschafft. Aber mit Teddy haben wir einfach unser Herz und unsere Seele da rein gelegt. Er ist der einzige Künstler mit zwei Songs in den Top 20 der Airplay Charts, was unglaublich war." - So resümiert der Radio-Manager Damian Christian von der Firma Atlantic/Warner im Branchen-Magazin Musicweek das Jahr 2024 und den Stellenwert ihres Newcomers, der in der Pubertät erst mal Footballer, dann einer von vielen YouTube-Cover-Acts ist. Mit "Lose Control", "The Door" und dem Simply Red-ähnlichen Nothern-Souler "My Bad Dreams" erweist sich der Sänger als Cash Cow im hart zu knackenden Markt der Radio-Sendezeit.
"Und wisst ihr was? Das sind alles unterschiedliche Songs. Manche Artists hören sich immer ziemlich ähnlich an. Aber alle drei von seinen großen Singles haben einen Klang, der sich von den anderen abhebt", lobt der Herr von der Plattenfirma. - So stellt sich die Frage nach dem Geheimnis des unscheinbaren Spätstarters. Dass Teenager mit Coverversionen und einfachen Mitteln als Bedroom-Pop-Phänomene in ihren jeweiligen Bubbles Aufmerksamkeit saugen, ist ein vertrautes Phänomen, das von YouTube nach TikTok weiter wanderte. Dass ein Typ mit Ende 20 diese Entwicklung nimmt, ist jedoch weitaus weniger geläufig.
Doch genau so kommt's. Teddy ist dabei mitnichten ein echter Teddy und schon gar kein schwimmender. Im amerikanischen Binnenland in Atlanta wächst er mit dem bürgerlichen Namen Jaten Dimsdale auf. Swims steht für je ein Wort pro Buchstabe: Es ist ein Akronym aus 'Someone Who Isn't Me Sometimes', also frei übersetzt 'Jemand, der manchmal nicht ich ist'. Dahinter lauert eine lange Selbstfindung.
Im Teen-Alter ist der Sohn eines Pfingstkirch-Pfarrers begeisterter Footballer. Als Instrumente geraten ihm bereits das Klavier und die Ukulele in die Hand. Er lernt sie zu spielen, singt auch und nimmt Kurse für Musical-Aufführungen. Doch ein (festes) Genre hat er nicht. Und Musik ist weit davon entfernt, sein Haupt-Hobby zu sein. Denn es lebe der Sport ... Sein Geld verdient er, bis er 28 ist, als Servicekraft in einem Burger-Restaurant. Die Musik, mit der er hauptsächlich aufwuchs, ist Soul. Zwei Figuren kristallisieren sich als zentral heraus: Frank Ocean und Stevie Wonder. "Beide haben die Art und Weise geprägt, wie ich Musik schreibe und angehe."
Wie der US-Rolling Stone berichtet, führt Teddys kirchlicher Vater den Teenager außerdem an Reverend Al Greens und Marvin Gayes Platten heran. Während sich andere in der Nachbarschaft in erster Linie mit Country beschallen, ist Teddys Radius größer. Von der High School an jammt er in Gruppen, die zum Beispiel WildHeart oder Eris heißen, und in ihnen durchläuft er über die Jahre die Stilarten und Subkulturen Hair-Metal, Funk, Metalcore und Alternative Country. Zum Metalcore dürften seine sehr vielen Tattoos passen.
Der ausgeprägte Eklektiker kommt zuhause natürlich auch mit Gospel in Berührung, lernt diesen zu mögen. Auch für Hardrock, lokalen Postcore und Pop-Punk erwärmt er sich, wenngleich nicht als bevorzugte Ausdrucksformen. Sogar "R&B und Show-Songs", prahlt ein Werbetext zu einer seiner EPs, gehörten zu seinen Lieblings-Stilen. Er überführe alle "in sein eigenes Genre: Teddy Swims."
Ein Mann - ein Amalgam! Aber trotzdem covert er erst einmal Vorhandenes und entert damit manche Social Media-Plattformen. Lewis Capaldis "Someone You Loved" trägt zum Durchbruch in der World Wide Web-Bubble bei. 2019 reüssieren eine Version von Michael Jacksons super-lässigem "Rock With You" und Neuaufgüsse des Materials älterer Künstler:innen wie Keith Sweat, aber auch jüngerer wie H.E.R., und Shania Twains Klassiker "You're Still The One" in einer bedächtigen Version. Diese Clips erreichen zig Millionen Aufrufe auf YouTube.
Nach der 86. Million wird der Entertainment-Konzern Warner auf ihn aufmerksam und bietet ihm einen Plattenvertrag, schlicht auf der Basis dieser Cover-Erfolge - eigene Nummern gibt's in diesem Moment noch nicht. 220 Millionen Klicks für alle Videos alleine von "Still The One" inklusive Live-Aufnahmen lassen sich nach fünf Jahren zählen. Das Original kommt freilich auf drei Mal so viele, andererseits ist Swims' Cover mit sehr weitem Abstand das erfolgreichste bei unzähligen im Netz.
Ansprechen möchte Swims mit seinem Kanal "vielleicht den 50 Jahre alten Mann draußen auf einer Farm in Georgia, der in seinem Leben nie ein Summer Walker-Lied gehört hat", erläutert er im US-Rolling Stone. "Ich möchte, dass die Leute zu mir kommen, wenn sie aufdrehen wollen, möchte sie aber auch zum Hinhören und Weinen bringen."
Im Jahr des Durchbruchs, 2019, überredet ein Freund namens Addy Maxwell Swims zu einer Tournee durch die USA. Für beide bietet sich dabei die erste überregionale Möglichkeit für Auftritte. Die Tour spielt sich im Hip-Hop-Milieu ab, was der Sänger als "befreiendes Erlebnis" beschreibt. Addy macht die Beats, und Teddy rappt.
Zur Bekanntheit verhelfen ihm aber mehrere mediale Ereignisse. So laden ihn etliche US-Late Night-Shows ins Fernsehen ein. Der Rolling Stone nimmt ihn, 2021, als "Künstler, den man kennen muss" ins Visier, dort bekundet Teddy: "Singen ist oft mehr Schauspiel, als dass es Singen wäre." Und bei den MTV Video-Music Awards führt er später Rihannas "Stay" auf.
Bei Warner erscheinen nach der Vertragsunterzeichnung bald eigene Lieder, an denen der Sänger jeweils als Ko-Autor mitwirkt: "Picky" in Bruno Mars-Stil, "Broke", das energischere "Till I Change Your Mind", das mainstreamige "Bed On Fire" und einige weitere, wobei es zunächst so scheint, als seien Balladen die besondere Stärke oder das liebste Terrain des Football-Freaks, während die Songs mit mehr Wumms ein bisschen inszeniert anmuten.
Jedoch werden Armin van Buuren und Matoma auf Teddys helle und Gospel-angereicherte Stimme aufmerksam und verpflichten den Newcomer für die Dance-Nummer "Easy To Love". Ebenso folgen Kollaborationen mit den X Ambassadors und mit Meghan Trainor, die von der oft ruhigen Aura der Swims-Solo-Songs mal ganz weit weg führen oder mal ganz nah zu ihr hin, wie bei der Lagerfeuer-Hymne "Happy People" der X Ambassadors with Teddy Swims & Jac Ross. In Summe lobt das Magazin American Songwriter die "Arena-tauglichen Hymnen", für die Swims stehe.
Neben Europa besucht er mit seiner Sommer-Tour 2023 Singapur, die Philippinen, Japan, Australien und Neuseeland. Außerdem mausern sich mehrere seiner Songs zu weltweiten Hits wie "Growing Up Is Getting Old". In Bulgarien und Kasachstan wird "Lose Control" gar die Nummer Eins. Teddy Swims ist damit einer der wenigen Artists, die noch vor ihrem Debütalbum multinational im Mainstream schwimmen.
Der Debüt-Titel "I've Tried Everything But Therapy (Part 1)" reiht sich im Herbst 2023 in die mittlerweile allgegenwärtige Strömung der Mental Health-Statements in der Musik ein. Erweitert um Bonus-Tracks, erscheint der Release als "I've Tried Everything But Therapy, Part 1.5" Anfang 2024 ein weiteres Mal. "Part 2" heißt später der Nachfolger.
Nach dem Motto 'wofür Pflichttermine gut sind', lernt der Sänger im Februar 2024 bei einer Grammy-Party Raiche Wright kennen, mit der er sich im Eiltempo für ein gemeinsames Kind entscheidet. "Mit ihm kann man Spaß haben, so ist das bei allem, was wir zusammen tun, und er hat immer eine gute Einstellung", meint sie über ihn im Social Media-Format Pucker Up. Fans vom Rag'n'Bone Man werden mit seiner Musik viel Freude haben, die quasi die amerikanische Antwort auf den ebenfalls sehr bärtigen Kollegen ist.