laut.de-Kritik
Hat noch immer ein Wörtchen mitzureden im Soul-Business.
Review von Michael SchuhUm Coolness bemüht rutschte er auf dem Sitz seines dicken Motorrades in knallenger Ledermontur herum und stierte zum Fenster in den zweiten Stock hinauf. Hinter dem Glas lugte eine schöne Frau zu ihm hinunter, am Ende des Videoclips stieg sie natürlich zu Terence auf die Maschine und er hatte sie. 1987 war das, anstatt auf Mädchen war ich heiß auf Stephanie Tückings Formel Eins-Sendung und "Sign Your Name", D'Arbys zuckrige Soulballade, war so allgegenwärtig wie Kim Wilde.
Heute ist jene Kim TV-Landschaftsgärtnerin und Terence nennt sich Sananda Maitreya, man fragt sich was schlimmer ist ... Terence sah man zuletzt (damals wirklich noch Terence!) 1995 an der Seite von Des'ree den indisch angehauchten Song "Delicate" performen. "Wildcard" bietet nun 18 neue Tracks des Multiinstrumentalisten Sananda, die vor allem belegen, welch begnadeter Sänger Terence war und Sananda ist. Ungeachtet (oder dank?) seiner neuen Existenz erreicht D'Arby an mancher Stelle ein Level, das er uns zuletzt auf dem '87er Hammer "Introducing The Hardline According To TTD" servierte.
Eines der Glanzlichter ist das mit straighten, bedächtigen Beats ausgestattete "Designated Fool": feinster R'n'B, der abseits jeder Klischees zum Kopfnicken animiert. Auf "The Inner Scream" fordert er uns zum Schreien auf, was mir selten leichter gefallen ist. Schon hier überraschen mich die sorgfältig ausgewählten Sample-Beats, was sich in "SSR-636*" inklusive Vocoder-Gimmicks zu einem hektischen Elektro-Soulrock-Stomper steigert. Let's dance (little sisters)!
Im weiteren Verlauf des Albums herrschen dagegen ruhigere Töne vor. Verträumte Balladen, in denen sowohl jazzige Bläser, Breakbeats als auch sanfte Rhythmusgitarren ihr Plätzchen finden. Sogar Kirchenchorgesänge brachte Sananda unter ("Suga Free"). Inhaltlich beschäftigen ihn insbesondere die inneren Kämpfe, die man zu überwinden hat, bis man nur noch seinem eigenen Herzen folgt.
Schade, dass die thematisierte Liebe und Leidenschaft bei einigen Kompositionen zum Ende des Albums ("Be Willing", "Sweetness", "Sayin' About You") etwas aus dem Ruder läuft. Zu lieblos klingt das plötzlich, eine unangenehme Seichtigkeit befällt die Tracks und man ist beinahe etwas böse auf Sananda. Denn der starke Beginn der Scheibe macht unmissverständlich klar, warum Sananda heute nicht täglich im Garten rumsteht, sondern noch immer ein Wörtchen mitzureden hat im Soul-Business.
Noch keine Kommentare