laut.de-Kritik
Durchgeknallter Rock'n'Roll-Weiber-Trash aus Japan.
Review von Michael SchuhBeim Schlachtruf "Woo Hoo" denkt der Mitteleuropäer natürlich erstmal an den Refrain-Auftakt von Blurs '99er Stampfer "Song 2". In Tokio hingegen sollen The 5.6.7.8's bekannter sein als Mick Jagger bei uns, was wiederum zur Folge hat, dass auf dortigen Straßen ein dahin gehauchtes "Woo" angeblich umgehend mit einem "Hoo"-Echo eines flanierenden Passanten erwidert wird.
Doch auch hierzulande kennt man die Japanerinnen mittlerweile, denn es sind die drei Damen vom "Kill Bill"-Grill. Rückblick: Kurz bevor Uma Thurman im ersten Teil des rachegetränkten Tarantino-Machwerks unzähligen Mitgliedern der Deadly Viper Assassination Squad die Halsschlagadern aufknöpft, stimmen drei unbeteiligte Musikerinnen das Lied zum Tod an: "Woo Hoo".
Nun liegt uns mit "Bomb The Rocks - Early Days Singles" unvermittelt ein ganzes Album der 5.6.7.8's vor. Doch ähnlich Tito & Tarantula, die bis "From Dusk Till Dawn" auch kein Mensch kannte, haben die drei Mädels eine Geschichte vor dem Hype zu bieten. Zumindest sollen die "early singles" aus den Jahren 1989 bis 1996 stammen. Ob das tatsächlich stimmt, weiß wohl kein Nicht-Japaner, denn soundtechnisch könnte das Teil auch Ende der 60er verbrochen worden sein.
Trotz heftigem Nostalgie-Bezug mundet die hier kredenzte Fernost-Delikatesse ausgezeichnet, und dass das Trio bereits Platten für Labels wie Sympathy For The Record Industry (Dwarves, Turbonegro) und Giant Claw (Make Up) aufgenommen hat, verwundert auch wenig. Flammende Rock'n'Roll-Hits finden hier den Weg aufs Tanzparkett, die von den Protagonisten abwechselnd mit kruden Schrei-Eskapaden ("She Was A Mau Mau", "Scream") oder auch Schafblöken ("My Boyfriend From Outer Space") begleitet werden.
Okay, "Long Tall Sally" klingt schlechter als jedes Beatles-Bootleg aus Hamburger "Star Club"-Zeiten, und auch für den Vortrag hätten hanseatische Seemänner Lennon und Co. damals mit Bierbüchsen von der Bühne geholt. Dem Spaßfaktor tut dies seltsamerweise keinen Abbruch.
Die hierbei zu Tage tretenden Englisch-Kenntnisse der Drei komplettieren den rauen Old School-Charme dieses hoffnungslos kaputten Surf-Psychobilly-Massakers. Superhits im "Woo Hoo"-Stil sind zweifellos das zärtlich schunkelnde "Dream Boy", der Handclap Pop-Wahnsinn "Mr. Lee", die Psychobilly-Party "Guitar Date" oder das mir bereits lange vor "Kill Bill" von Kollegin Lütz auf Kassette aufgenommene "Bomb The Twist". An dieser Frau geht eben nix vorbei, was nur halbwegs independent klingt.
Obwohl die erste Hälfte der 5.6.7.8's-Nabelschau weitaus stimmiger rüberkommt, geht die Selbstdiagnose "Three Cool Chicks" vollkommen in Ordnung. Auf vorliegender Retrospektive regiert nichts anderes als durchgeknallter Rock'n'Roll-Weiber-Trash, für den sowohl die Cramps als auch Dick Dale ihre Gitarren ins Feuer werfen würden. Und wer kann das schon von sich behaupten?
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