laut.de-Kritik
Zeitlose Songs zwischen MTV und Motown, die den Alltag in ein anderes Licht tauchen.
Review von Kerstin KratochwillAls im Jahr 1986 "Different Light" mit der unsterblich gewordenen Anti-Montagshymne "Manic Monday" als Opener erschien, erstrahlte die Radiopop-Welt mit vielen Hits aus diesem unbeschwert und unbändig wirkendem Album. Nicht nur dieser Ohrwurm, geschrieben von Prince unter dem Pseudonym Christopher, auch Songs wie "Walk Like An Egyptian", nur ein Jahr später von den Ärzten gecovert, oder "If She Knew What She Wants" (eine Coverversion von Jules Shear) wurden international wegen ihrer ansteckenden und erfrischender Art gefeiert.
Und die Welt erscheint einem tatsächlich in einem anderen Licht seit den Achtziger Jahren, denn das Lied über die vermeintliche Ägyptergehweise wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 aus den Radioplaylists verbannt. Ob der Track heute unter dem Schlagwort "kulturelle Aneignung" läuft – mit all dem möchte man die liebenswerten Lieder dieser aus vier Musikerinnen bestehenden Girl-Group nicht beschweren. Denn The Bangles klimpern auch heute noch verführerisch wie die Armreifen, nach denen sie benannt sind.
Ihr zweites Album ist voller feiner Harmonien, die sich in den Vocals und variantenreichen Sounds zeigen. Zwischen Sixties-Seligkeit, purem Pop sowie rotzigem Rock und melodiösem Motown-Vintage bewegen sich die Bangles stilsicher zwischen Beatles, ABBA oder The Ronettes – und in dieser zeitlos schwingenden Welle befindet sich auch "Different Light", das sich auch über 35 Jahre nach Erscheinen so angenehm nostalgisch und neuartig anhört, das es eine irritierend beruhigende wie betörende Wirkung auslöst.
Viele Songs daraus sind längst Ikonen eines MTV-Zeitalters, die den unwiderstehlichen Augenaufschwung von Sängerin und Gitarristin Susanna Hoffs berühmt machten und die Schwestern Peterson mit Vicki (Gitarre und Vocals) und Debbi (Drums und Vocals) sowie die geheimnisvolle Michael Steele (Bass und Vocals) in der Vierergang gleich mit. Auf dem ganzen Album findet sich kein egales Lied, auch wenn natürlich einige in einem ganz anderen Licht erstrahlen wie der rasante und catchy Titelsong, der leider nicht als Single ausgekoppelt wurde und der funky schwingende Track "Walking Down Your Street", der eine perfekte Mischung aller vier Bangles-Stimmen in sich trägt.
Am ungewöhnlichsten ist der vorletzte Song "Following" mit seinem ätherischen, treibenden und schwankendem Sound samt zartem Syntheinsatz. Er kontrastiert den üblichen Bangles-Sound und weist über diesen hinaus – wäre er Mitte der 90er Jahre erschienen, wäre er vermutlich auch ein Hit geworden. Damals floppte er jedoch als er als fünfte und letzte Single des Albums in Großbritannien veröffentlicht wurde.
Die Band sollte mit ihrem nächsten Album "Everything" ihren größten Hit landen, nämlich mit der Monsterballade "Eternal Flame". Angeblich von Hoffs komplett hüllenlos eingesungen. Ihr zufolge fühlte es sich wie Nacktbaden an – eine Emotion, die der sehnsüchtige Song tatsächlich evoziert.
Ein Jahr später folgte dann die Trennung. 1998 fand die Band wieder zusammen, Steele stieg zwischendurch wieder aus, aber seither lassen die Bangles ihre Armreifen wieder auf vielen Tourneen und Live-Auftritten klimpern – und die Montage werden ihnen sowieso auf immer gehören, sowie ein nicht unwesentlicher Teil des Eighties-Jahrzehnts für das wie in den "Manic Monday"-Lyrics selbst gilt: "Time it goes so fast (When you're having fun)".
In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.
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