laut.de-Kritik
Bratzgitarren mit Popmelodien.
Review von Alexander CordasZiemlich unvermittelt kommen The Birthday Massacre mit "Pathways" um die Ecke. Gerade, als man sich fragte, was die Kanadier eigentlich so treiben, servieren sie uns acht neue Songs. Konnte man Neues erwarten? Woher denn! Aber was die Combo um Frontfrau Chibi hier abliefert, gehört ganz sicher zu den besseren Alben der Bandhistorie.
Den Anfang macht die Vorab-Single "Sleep Tonight". Jaulende Gitarren im Intro wechseln zu sägenden Krachbrocken-Sounds, ehe Chibi im Verbund mit synthwavigen Keyboards den Melodieteppich ausrollt. Die gewohnte Balance zwischen hartem Gitarrengebratze, Industrial-Effekten und den äußerst melodischen Gesangslinien funktioniert einmal mehr prächtig. Eine Hook zum Verlieben rundet den Opener perfekt ab. Nach dem gleichen Strickmuster verfährt das folgende "All Of You", wenn auch nicht mit der ebenbürtigen Vehemenz.
Mit "The Vanishing Game" folgt erstes Hymnen-Material. Die Bridge, die leichtfüßig in den Refrain mündet, verstärkt das Ohrwurmpotenzial. Sehr fein, das. Chibi wird zwar nie die beste Sängerin werden, aber das, was sie einmal mehr melodisch serviert, passt ganz hervorragend. Ach, wo wir es gerade von Ohrwürmern haben: Hier reiht sich eine potenzielle Single an die nächste, ob pop-rockig wie in "Wish" oder deftiger. In "Whisper" keift Chibi die Zeile "Tell me that you'll weep for me" in unnachahmlicher Weise. Diesen Stil dürfte sie gerne noch öfter aufs Tapet bringen.
Im Gegensatz dazu klingt sie im Titeltrack überaus poppig und lieblich. Wären da nicht die Gitarren, könnte das in einem anderen musikalischen Kontext ein Chartpop-Song sein. Warum die Dame und die Herren sich nicht in den Bestenlisten tummeln, bleibt nach wie vor ein Rätsel. Mit einer derart umfangreichen Diskografie, die vor Bangern nur so strotzt, sollte die Band eigentlich größere Hallen füllen.
In den Genuss einer Live-Show werden Kontinental-Europäer aber wohl nicht kommen, bislang sind nur Dates in Nordamerika und im UK geplant. Das neue Album erscheint in hiesigen Breiten ohnehin nur digital. Wer ein physisches Exemplar haben möchte, muss auf Importe zurückgreifen. Ein derartiges Gehabe mutet an wie von vor dem Jahrtausendwechsel und hat ein Geschmäckle. Gerade so, als ob der Band die Fans von außerhalb des amerikanischen Kontinents egal wären.
1 Kommentar
Okay, durch die obige Kritik angefeuert, musste ich mal reinhören. Aber irgendwie kriegen mich nur die etwas heftigeren Momente wie in Sleep Tonight oder Whisper. Dieser Hang zu süßlichem Gesang und poppigen Melodien kommt leider nicht bei mir an...