laut.de-Kritik

Sieben Jahre Zurückhaltung müssen erstmal raus.

Review von

Die Datsuns, Rock-Urgesteine aus Neuseeland, sind in der strokeshivesvineskillers-lastigen Indie-Omnipräsenz der 2000er etwas untergangen, erspielten sich aber live eine beachtliche Fanbase. Ihr 2004er Album "Outta Sight/Outta Mind" schlug krachend in mein Gitarrenbewusstsein, was fand ich die gut!

Fast hatte ich sie schon vergessen, das letzte Album "Deep Sleep" ist nun auch schon ein ganzes Weilchen her, doch auf "Eye To Eye" sind die Einflüsse der Datsuns wieder zahlreich und auch zahlreich zu hören. Ein bisschen Punk hier, ein bisschen Metal da und ziemlich viel klassischer (Hard-)Rock dazwischen. Der Opener "Dehumanise" gibt die Marschrichtung vor. Ordentlich Strom auf der Gitarre, kein Schnickschnack, das erste Solo der Platte gehört dem Synthie und nach gerade mal zweieinhalb Minuten wissen wir Bescheid: Sieben Jahre Zurückhaltung müssen erstmal raus! Auf "Warped Signals" geht es etwas weniger schroff zur Sache, ein fuzzy Riff wechselt mit mehrstimmigen Gesangspassagen, zwischendrin sogar ein bisschen poppig.

Generell kann man hören, dass die Neuseeländer am besten funktionieren, wenn sie ihren Punk-Einflüssen freien Lauf lassen. High-Octane-Rocker wie "Bite My Tongue" oder "Other People's Eyes" machen Spaß und gehen gut vom Ohr in die Beine. Schnelle Riffs, ordentlich Druck und die noch nicht versiegte jugendliche Energie erinnern an die frühen Datsuns, die mit unbekümmerten Nummern ihre Fans fanden.

"White Noise Machine" nimmt den Fuß vom Gas, ein entspannter, aber intensiver Pop-Rock-Song, der auch aus der Britpop-Ära stammen könnte. Dass Dolf de Borst ein großer Frontmann und Sänger ist, mögen manche anders sehen. Aber seine Stimme passt hier perfekt und hält generell den bunten Stilmix der Datsuns zusammen. Auf "Sweet Talk" geht die Reise zurück in den klassischen Hard Rock, ein bisschen Nazareth klingt durch. Irgendwie mag der Song aber nicht so recht zünden, klingt eher ein bisschen müde.

Die Prog-Einflüsse der Band sorgen jedoch für ein paar durchaus interessante Stücke. Deep Purples "Space Truckin'" lässt sich auf "Brain To Brain" erahnen. Garniert mit ein paar Synthies entwickelt die Nummer eine eigene und spannende Dynamik. "Raygun" zitiert eine ganz ähnliche Plattenkiste. Die getragene Theatralik des Songs hat etwas, ein bisschen fühlt man sich an Queen erinnert, wenn der Song langsam, aber unaufhaltsam voran marschiert.

Ausfälle gibt es wenige. "Moongazer" dudelt ein wenig belanglos durch sein 2000er-Jahre Indie-Erbe, "Suspicion" erinnert stellenweise etwas an den Hard Rock der 80er-Jahre. Gewiss nicht schlecht, aber auch nicht weltbewegend. Mit "In Record Time" bekommt die Scheibe einen würdigen Abschluss. Ein klasse Rock-Song und der Beweis für die nach wie vor zahlreich vorhandenen Fähigkeiten der Gruppe. Letztlich ist die Vielseitigkeit gleichzeitig die große Stärke und auch große Schwäche des Albums. So gut die meisten Songs für sich sind, eine klare musikalische Linie ist schwer erkennbar. Datsuns-Fans dürfte es nach der langen Wartezeit egal ein.

Trackliste

  1. 1. Dehumanise
  2. 2. Warped Signals
  3. 3. White Noise Machine
  4. 4. Sweet Talk
  5. 5. Brain To Brain
  6. 6. Moongazer
  7. 7. Bite My Tongue
  8. 8. Raygun
  9. 9. Suspicion
  10. 10. Other People's Eyes
  11. 11. In Record Time

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