laut.de-Kritik
In der Isolation setzt die Band auf die Kraft der Melodien.
Review von Yan VogelZunächst wurden Alben wegen der Pandemie verschoben, man denke nur an "Whoosh!" von Deep Purple, "Virus" von Haken oder "A Celebration Of Endings" von Biffy Clyro. Jetzt erscheinen die ersten Platten, die unter dem Eindruck von Isolation entstanden sind.
Live findet bis auf weiteres nicht statt und wenn dann als abgespeckte, defizitäre Veranstaltung. Insofern lautet die Losung, die Zeit so kreativ es geht zu nutzen. Bei Kadavar und nun der vorliegenden Scheibe der Flower Kings entsteht dabei der Eindruck, dass die Herangehensweise spontaner und Ergebnis offener ausfällt.
Gleichzeitig gehen die schwedischen Neo Progger strukturierter vor als auf dem gerade einmal ein Jahr zurückliegenden "Waiting For Miracles", was jedoch kein Widerspruch ist. Indem die Band den starren Grenzen des archetypischen Progressive Rock entflieht, öffnet sie sich für Neues. Das Cover von Roger Dean, der insbesondere für Yes ikonische Werke geschaffen hat, sowie der Albumtitel "Islands", der das überlebensgroßen Meisterwerk gleichen Namens von King Crimson ziert, erinnern an die Blaupausen der progressiven Tonkunst.
Mastermind Roine Stolt scheint mit dem Lockdown sich weiterer Fesseln entledigt zu haben und muckt so freigeistig wie noch nie in der Karriere des geblümten Königs. Klar finden sich musikalische Querverweise in Form wiederkehrender Themen in allen Songs. Gerade die letzten vier Tracks auf Platte zwei bieten einen betörenden Kulminationspunkt.
Vokal überzeugt Stolt nicht ganz, aber haste nicht gesehen, gibts mit Hasse Fröberg einen Hauptsänger, der die Songs trägt. Der auch mit Karmakanic und für Steve Hackett musizierende Bassist Jonas Reingold stellt einen weiteren wichtigen Mosaikstein im großen Ganzen dar. Sein Spiel strotzt bei aller Virtuosität vor Kraft und steht damit symptomatisch für die verkopften, aber dennoch nah an Melodien gebauten Songs.
Einiges ursprünglich für Transatlantic konzipiertes Material landet auf "Islands". Die majestätischen wie melancholischen Elegien auf der Gitarre, die weit ab von Onanie das Ohr beglücken, tragen erheblich zum Mehrwert des Dargebotenen bei.
Highlights gibt es einige wie "Morning News", das Stolt für seine im Zuge des Songwriting-Prozesses verstorbene Mutter geschrieben hat. Die New Wavigen Synths im Endorphine-steuerten "Tangerine" und die instrumentale Wundertüte "A New Species" mit reichlich Gefrickel und heroischem Ende, könnten gegensätzlicher nicht gestrickt sein, doch beide überzeugen. Die Ballade "Telescope" lädt mit Soul-Flair zum Träumen ein, während der melodische Anker in "Broken" mit zum besten zählt, was Stolt in den letzten Jahren zu Papier gebracht hat.
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