laut.de-Kritik
Mit viel Spielfreude durchs instrumentale Dickicht.
Review von Yan VogelRoine Stolt beweist seit Jahren, dass Prog kein Hexenwerk darstellt. Ob mit Transatlantic, live mit Steve Hackett, seiner Kollabo mit Yes-Nachtigall Jon Anderson, der Supergroup The Sea Within oder seiner Hauptband The Flower Kings - kein Jahr vergeht, ohne dass der blonde Gitarrist etwas Zählbares veröffentlicht. Einzig Neal Morse setzt dieser VÖ-Fülle etwas entgegen. Genie und Wahnsinn gehen häufig doch zusammen.
Eine weitere Perspektive besagt, Stolt erstarre in der formelhaften Wiederholung bekannter Phrasen. Dem setzt der 63-jährige den jugendlichen Esprit frühlingshafter Entdeckungsfreude entgegen und musiziert mit seinen Flower Kings munter drauflos.
Unbändige Spielfreude schlägt strenge Struktur: Ein ständiger Balanceakt, wie ihn auch das wundervolle Artwork thematisiert. Nach einem pittoresken Klavierstück der Marke Yann Tiersen schält sich eine kleine unbeugsame Melodie heraus, die die Tür zu den drei Longtracks "Black Flag", "Miracles For America" und "Vertigo" öffnet. Diese Trias speist sich aus den epischen Bänden von "The Whirlwind", "At The Edge Of Light" oder "Invention Of Knowledge" und atmet den verspielten Canterbury-Geist von The Tangent.
Sänger Hasse Fröberg schlängelt seine einprägsamen Vocal-Linien durch das instrumentale Dickicht. Prägnanz und Zusammenhalt gewinnt "Waiting For Miracles" durch die grandiose Rhythmusdruppe DeMaio/Reingold. "Wicked Old Symphony" und "We Were Always Here" gehen mit schmissigen Refrains glatt als Progrock-Hits durch. "The Bridge" und "Ascending To The Stars" markieren in ihrer balladesk orchestralen Machart inmitten impressionistischer Klangkulisse wiederum den Gegenpol zum emphatischen Energieausstoß.
Dramaturgisch ergibt die Aufteilung der Stücke gleichwohl wenig Sinn. Schon bei der letzten Spock's Beard oder auch The Sea Within verfolgte das Label die Strategie, den regulären Dreher mit einer EP aufzuhübschen. Ein materieller Mehrwert, sicher. Dabei lässt sich "Waiting For Miracles" vor allem in einem Rutsch genießen.
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