Porträt

laut.de-Biographie

The Hidden Cameras

Manchmal sind The Hidden Cameras sieben, dann dreizehn, vielleicht auch siebzehn Leute auf der Bühne. In Kanada, vor allem in und um Toronto erreicht das Künsterkollektiv um den Kopf und Sänger Joel Gibb dank ihrer Live-Auftritte schon vor dem Debüt "Ecce Homo" (2001) erstaunliche Popularität. Sämtlichen große Zeitungen featuren die Band.

Hidden Cameras: Mit Mehmet Scholl gegen Barcelona Aktuelle News
Hidden Cameras Mit Mehmet Scholl gegen Barcelona
Die Hidden Cameras spielen am 15. August in der Münchner Allianz Arena auf. Mehmet Scholl hatte sich die Band ausdrücklich gewünscht.

Ergänzend zur großen Musikerschar sieht man auch strippende männliche Gogo-Tänzer auf der Bühne, die das Publikum zum Mitsingen animieren, ihre Unterhosen allerdings nicht ausziehen. Sie sollen laut Gibb "die Hemmungen wegtanzen, die sonst auf Indie-Konzerten herrschen, auf denen die Leute immer nur rumstehen, Zigaretten rauchen und über die paar Leute lästern, die versuchen zu tanzen".

Zu jener Zeit hat Gibb gerade seine Gitarre umgesaitet, weil er linkshändisch spielen will. Und auch sonst ist bei The Hidden Cameras so manches auf der anderen Seite: Sie nennen ihre Musik "Gay Church Folk Musik", wobei gay hier in erster Linie das archaische "fröhlich" bedeuten soll. Doch natürlich wird hier eindeutig fröhliche Zweideutigkeit stilisiert.

Die Band bekommt es trotz und wegen aller Widersprüche hin, den Stolz und die Würde eines Christopher Street Days mit evangelistischen Hochzeitsgesängen und der ausgelassenen Melancholie der Folk-Musik zu vereinen. Der kirchliche Einfluss fußt auf mitunter hallenden Gospelklängen, die sanft in der Musik verwoben sind, aber auch auf den ersten Auftritten, die in Kirchen Torontos stattfanden. Bei denen fühlten sich die Cameras offenbar genug zu Hause, um sich musikalisch-tänzerisch in Szene zu setzen, wie in diversen Porno-Theatern.

The Hidden Cameras - Bronto
The Hidden Cameras Bronto
Hier wollten auch die Pet Shop Boys dabei sein.
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Die Folk-Anleihen sind unüberhörbar, erinnern an den einen oder anderen Song von The Proclaimers, They Might Be Giants, Belle And Sebastian oder Magnetic Fields. Die kernige Tremolo-Stimme Gibbs verbindet alle Elemente in einem lustigen und lustvollen Schmelztiegel voller Gute-Laune-Musik.

The Hidden Cameras werden 2002 die erste kanadische Band, die Rough Trade unter Vertrag nimmt, ihr Album "The Smell Of Your Own" (2003) findet international großen Anklang mit zügigen Klängen und homoromantischen bis -erotischen Texten, die in ihrer bukowskischen Deutlichkeit durchaus fröhlich stimmen. Spiegel Online zählt das Album zu den zehn wichtigsten des Jahres 2003.

2004 erscheint das Nachfolgealbum "Mississauga Goddam". Gibb schreibt wieder alle Songs. Er möchte seine Sexualität weder verstecken noch ausschlachten, sagt er, ist aber dennoch bereit, übers banale Pinkeln, Bremsspuren in Männerunterhosen und Vaseline zu texten. Nicht um zu provozieren, wie er betont, sondern um deutlich zu machen, dass es etwas Alltägliches ist. Mehrere Jahre lang erforscht er danach intensiv das Club- und Nachtleben Berlins, wo die Alben "Awoo" und "Origin:Orphan" entstehen. Statt sich dem großen Drama zu widmen wie Antony Hegarty, ähnelt die Musik der Hidden Cameras eher dem geigenden Folk-Akademiker Andrew Bird und dessen verschwurbelt-süßlicherm Lo-Fi-Pop.

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Sie klingen wie artige Hippiekinder, der Titel ihres Albums allein lässt Augenbrauen in die Höhe wandern, und live sind die Hidden Cameras ein ekstatisches Hocherlebnis. Und doch ist das Ganze eigentlich nur ein Ein-Mann-Projekt. Erklären sie sich, Mr. Gibb!

Für den von Kai Stänicke gedrehten Kurzfilm zum Lied "Gay Goth Scene" erhält die Band 2013 den australischen "Tadgell's Bluebell Honor Award" für den "Best Short Film About/For Youth". Knapp zehn Jahre vergehen nach dem Album "Home On Native Land", bis Gibb 2025 wieder unter dem Namen seines Kollektivs The Hidden Cameras das Album "Bronto" fertigstellt. Ein Donnerwetter der Gefühle mit mehr Elektronik-Disco-Beats und weniger Folk-Country-Klängen. Aber wieder mit jeder Menge Emotionen, Energie und Hymnen gegen die toxische Männlichkeit. Das Motto "Tanz die Scheiße raus" ist im Jahre 2025 wichtiger denn je.

Für "How Do You Love", einer Hymne der unerwiderten Liebe, gewinnt der Kanadier nicht nur die Pet Shop Boys für einen Remix. Mit Owen Pallett übernimmt der ursprüngliche Hidden Cameras-Violinist die schaurig-schönen Streicher-Arrangements. Als Gibb für einen Remix zu "Undertow" dann noch Vince Clarke (Erasure, Ex-Depeche Mode) gewinnt, erhält sein 80s-Synth-Pop-Projekt endgültig den Ritterschlag.

Interviews

The Hidden Cameras: "Ist es kontrovers, weil es schwul ist?"

Oktober 2004 "Ist es kontrovers, weil es schwul ist?"

Interview von Mathias Möller

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Alben

The Hidden Cameras - Bronto: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2025 Bronto

Kritik von Jasmin Lütz

Hier wollten auch die Pet Shop Boys dabei sein. (0 Kommentare)

Termine

Do 06.11.2025 Wien (Chelsea)
Mi 19.11.2025 Berlin (Berghain Kantine)
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