laut.de-Kritik
Synth-Wave-Monster im Bigscreen-Format.
Review von Michael SchuhThe Horrors sind eine Nerd-Band. Die Art von Typen, die sich mit Hits weltbekannter Bands gar nicht erst abgeben und stattdessen nonchalant behaupten, der beste Roxy Music-Song sei das spleenige "In Every Dream Home A Heartache" und der beste Velvet Underground-Song selbstverständlich "Ocean" (den ich spontan nicht mal verorten könnte). Zumindest spielten die Briten die zwei genannten Tracks kürzlich in einem Radio-Set.
Für solch eine Band ist es denn auch das Selbstverständlichste der Welt, ein Album mit drei Minuten sphärisch dahinwabernden Klangmodulationen zu beginnen, haben Tangerine Dream ja auch nicht anders gemacht. Die assoziative Weite des Sounds, die dem Quintett seit jeher wichtig ist, wird hier sogar erstmals mit Bongotrommeln verstärkt, bevor dann doch die Drums über "Chasing Shadows" hereinbrechen und dem psychedelischen Auftaktmonster die Sporen geben.
Was allerdings nicht heißt, dass Anhänger der noiserockigen Horrors-Frühphase hier viel zu lachen haben: Noch mehr als auf dem Vorgänger "Skying" tüftelten die Ost-Londoner an einer fein ziselierten Idee von Synthie-Pop, der in Kombination mit herkömmlichem Rock-Line Up und der Bigscreen-Produktion ein bislang nicht gekanntes Bombast-Level erreicht.
Die repetitiven Songs erfordern nach wie vor intensive Auseinandersetzung, denn mit Ausnahme des fast schon arg cheesy geratenen Vorabtracks "I See You" werfen sich einem die durchaus vorhandenen Melodien nicht an den Hals. Zudem kann "Luminous" im Gegensatz zu "Skying" nicht mehr auf den Überraschungsmoment setzen, den der doch recht abrupte Stilwechsel 2011 bedingte. Das neue Album ähnelt dem letzten in seiner Arpeggio-getränkten Sprödigkeit über weite Strecken extrem.
Je intensiver die Beschäftigung, desto stärker sinkt man jedoch in den Wave-Morast der Platte ein, besonders das sternenklare Acid-Bekenntnis "So Now You Know" und das dramatische Psychedelic-Juwel "Falling Star" machen sofort süchtig. Neu im Soundkosmos ist das im Dreivierteltakt wiegende "Change Your Mind", das wie eine subtile Smiths-Ballade beginnt, sich dann aber in einen dröhnenden Refrain hochschaukelt. Mit "Sleepwalk" samt "When The Levee Breaks"-Gedächtnisintro gelingt ihnen mal wieder ein majestätisches Krautrock-Finale.
Zwischendrin platzieren The Horrors Songs wie "First Day Of Spring" oder "Mine And Yours", die weniger für Lieblingssong-Playlists geeignet sind, sondern vor allem der Sogwirkung der Platte in die Hände spielen. Das Cover verdeutlicht dieses künstlerische Ziel einmal mehr: Man erkennt eigentlich nichts und darüber prangt in angeschickertem Schriftzug das Wort "leuchtend" ("Luminous").
Die Band will uns einmal mehr durch die Dunkelheit führen und dabei helfen, hier und da helle, leuchtende Momente zu finden. Oder anders gesagt: Auf dem Grund von "Luminous" lagern zehn Goldnuggets in trüber Flüssigkeit. Das zeitintensive Schürfen lohnt sich jedoch nach wie vor.
2 Kommentare
Kommt leider nicht an den Vorgaenger ran. Dieser hatte Zwei echte Kracher. Wenn bei Endless Blue nach den Trompeten die Gitarrenriffs starten, gibt es bei mir kein halten mehr. Luminous war mir insgesamt zu eintoenig. Die Review kommt natuerlich wieder wie auch die von Demarco viel zu spaet. Aber hauptsache die Mateo schon einen Tag vor Voe rezensieren...
Ich liebe diese Typen. Platte ist genauso gut, wenn nicht besser als der Vorgänger. Geht voll runter.