laut.de-Kritik
Diese Platte atmet von vorne bis hinten sommerliche Luft.
Review von Olaf SchmidtEigentlich wollte Stuart McLamb nur ein paar traurige Lieder aufnehmen, um über die Trennung von seiner Ex-Freundin hinwegzukommen. Nach einer Sauftour verschanzte er sich im Haus seiner Eltern und spielte eine Reihe von Demos ein. Niemand außer jener Verflossenen und ein paar guten Freunden sollte diese Songs hören.
Zum Glück für die musikinteressierte Welt kam es anders, und The Love Language, wie McLamb sein Baby schließlich taufte, veröffentlichen dieser Tage ihr bereits drittes Album "Ruby Red". Von der Traurigkeit einer beendeten Beziehung ist hier nichts mehr spüren, von Melancholie aber immer noch. Die Platte atmet von vorne bis hinten sommerliche Luft. Einige mögen angesichts von so viel Leichtigkeit und Freude das Gesicht verziehen, ich sage: Hach, wie schön!
Der Lo-Fi-Ansatz wurde endgültig über Bord geworfen. Warum ein Album mit nur wenigen Menschen aufnehmen, wenn man es auch mit 20 verschiedenen Musikern realisieren kann? The Love Language verstehen sich inzwischen mehr als Künstlerkollektiv mit McLamb in der Mitte denn als feste Band. Das funktioniert gut, "Ruby Red" überzeugt mit Abwechslungsreichtum und Vielschichtigkeit - und vor allem mit den wunderbaren Songs des Mannes aus North Carolina. Irgendwo zwischen Indiepop mit gelegentlichen Rock-Anteilen und etwas Folk bewegen sich seine Lieder.
Direkt "Calm Down" am Anfang geht als kleiner Sommerhit ins Ziel. Ein treibender Bass, eine schrammelige Gitarre, McLambs verhallter Gesang scheint von weiter weg zu kommen - danach endet der Song in postrock-artigen Gefilden. Diese Art von Gitarrenspiel wird einem auf dem Album noch des öfteren begegnen. In "Hi Life" fahren The Love Language das volle Indie-Arsenal auf: Streicher, Bläser und natürlich das internationale Erkennungszeichen aller Indiemusiker, Glöckchen. "Love / it comes around and goes around / it's alright", singt McLamb und findet sich mit der Vergänglichkeit aller Dinge ab. Eine vernünftige Sichtweise.
Damit das Ganze nicht gar zu süßlich gerät, schmeißt die Band als nächstes den mit bratenden Gitarren rockenden Song "First Shot" in die Runde. "For Izzy" verbreitet Western-Atmosphäre. Wer sich angesichts des Pfeifens an Ennio Morricone erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. "Faithbreaker" orientiert sich am 60er-Jahre-Pop von Band wie den Byrds und dürfte neben "Calm Down" der offensichtlichste Hit der Platte sein.
"Ruby Red" wird vermutlich nicht als die beste Platte des Jahres 2013 in die Annalen der Musikgeschichte eingehen, und einen Preis für Originalität gewinnt sie auch nicht. Aber The Love Language haben ein schönes, in sich stimmiges Album hinbekommen, das Aufmerksamkeit verdient hat, weil es einfach gut ist. Mit zehn knackigen Songs und 33 Minuten Länge legt man es auch gerne öfter mal auf. Fans von Arcade Fire, Get Well Soon oder auch den Shins/Broken Bells sollten auf jeden Fall reinhören.
1 Kommentar
...seh ich ähnlich, gutes Review. Hervorzuheben wäre noch der Rausschmeisser "Pilot Lights", da wird es richtig orchestral, alles was spielen kann, spielt eine melancholischen Schlußpunkt, sehr schön das...