laut.de-Kritik
Große Singalong-Melodien zwischen Powerpop und Indierock.
Review von Martin LeuteDie Karriere der kanadischen The New Pornographers begann im Jahr 1997 als loses Nebenprojekt von Musikern, die sich aus diversen Bands aus Vancouver rekrutierten. Im Zentrum stehen die Songwriter und Sänger Carl Newman, Dan Bejar sowie die Chanteuse Neko Case, die seit Ende der 90er Jahre Erfolge als Soloartistin feiert.
Das Bandgefüge besteht mittlerweile aus acht Musikern, die auf "Challengers" feinen Indiepop präsentieren, der raffinierte Arrangements samt komplexer und organischer Instrumentierung mit großartigen Singalong-Melodien kombiniert. Für reichlich Abwechslung sorgt die Tatsache, dass sich vier Musiker die Vocals teilen und die Band den mehrstimmigen Harmoniegesang nahezu perfektioniert.
Feinsinniger, melodischer Pop, der in Kopf und Beine fährt auch wenn die New Porns auf "Challengers" weniger rockig agieren als auf ihrem 2005er-Album "Twin Cinema".
Lieblich intoniert Carl Newman den Opener "My Rights Versus Yours" zu sanften Wurlitzer-Klängen und langsam geschlagener Akustischen, ehe der Song mit Beat und E-Gitarre an Fahrt aufnimmt. Ein Uh Uh-Chor und der zweistimmig vorgetragene Refrain sorgen für einen absolut gelungenen Einstieg. "All The Old Showstoppers" breitet seinen verschlungenen Melodiebogen auf einem repetitiven Gitarrenschema aus, um langsam auf den von Newman und Kathryn Calder intonierten euphorischen Refrain zuzusteuern.
Den folkigen, balladesken Titeltrack "Challengers" trägt Neko Case mit eindringlicher Stimme zur Akustikgitarre, Bass und Banjo vor. Ebenso zurückhaltend übernimmt sie auch in der leiseren Nummer "Go Places" den Gesang. Das fantastische, von Dan Bejar geschriebene "Myriad Harbour" startet mit der rhythmisch geschlagenen Akustischen und niedlichen Percussions, dann folgt der eingängige Schlagzeugbeat und ein gewitzter Gitarrenpart, der an "I Bleed" von den Pixies erinnert. Alle vier Vokalisten kommen zum Einsatz. Streicher und Mundharmonika sind dabei liebenswerte Details, die die Verspieltheit unterstreichen.
"Entering White Cecilia" stammt ebenso aus der Feder von Bejar und nimmt diese Verspieltheit mit hübschem Backgroundchor, Rasseln und abgehackt geschlagenen Akkorden auf dem Wurlitzer-Piano auf. Mit einem treibenden Beat, dem stakkatohaft geschlagenen Keyboard, Bass und E-Gitarre weist "All The Things That Go To Make Heaven And Earth" auf die Tanzfläche, während Kathryn Calder im sehr verhaltenen "Failsafe" das Tempo wieder rausnimmt. Hier und da muten die New Porns an wie eine Synthese aus den frühen Chumbawamba und den Mates Of State.
Im sechsminütigen, etwas behäbigen "Unguided" entfaltet Newman wieder eine seiner ungemein ohrgängigen Melodielinien. "Mutiny, I Promise You" gründet auf einem fröhlichen Keyboardlauf und einer satten E-Gitarre. "Adventures in Solitude" hält, was der Titel verspricht. Nach sachtem Beginn mit Pianobegleitung nimmt das ergreifende Duett von Newman und Calder mit dem Einsatz von Streichern, Harfe, Banjo und Mandoline zusehends orchestrale Züge an, ohne dass das Pathos die Oberhand gewinnt. Das Werk schließt mit "The Spirit Of Giving" von Bejar ab und holt mit Handclaps und Chor zum Finale aus.
Auf "Challengers" klingen die New Pornographers homogener und poppiger denn je, bewahren aber jederzeit ihren liebenswert schrägen Indie-Charme.
8 Kommentare
Letztens entdeckt und sofort ins Herz geschlossen. Songs wie "My Right Versus Yours", "Challengers", "Go Places" oder "Mutiny, I promise You" wird man so schnell nicht wider los und auch sonst gibts auf dem Album keinen einzigen Ausfall. So soll Indie-Poprock klingen.
5/5
schnell noch alle anderen alben von den pornographers besorgen. ich wüsste nicht, welches deren besten album ist.
Twin-Cinema hab ich auch schon, seh ich bisschen schwächer vom Ohrwurm-Potential aber ansonsten auch top. Aber wenn der Rest auch empfehlenswert ist, werd ich da auf jeden Fall mal reinhörn.
hmm...
muss ich mal hören.
@matze73 (« Wow, das ist wirklich geil. Ich denk da muss ich mich mal kümmern. Klingen die immer so? Ich hatte sie mir düsterer vorgestellt. »):
musikalisch immer happy-pop.
Hab ich zum Frühling auch mal wieder ausgepackt. Muss mich mal an die alten Sachen ranwagen.