laut.de-Kritik

15 Minuten Ruhm? Hier, bitteschön!

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Erinnert sich noch jemand an VHS Or Beta? So ähnlich wird man in etwa einem Jahr wahrscheinlich auch über die US-Kollegen von Tigercity sprechen. Der 80s-getränkte Indie Rock der Erstgenannten war am Ende ja doch eher VHS und fand darob kein Abspielgerät mehr. Stören tuts niemanden (außer vielleicht die Rezensentin Lütz).

Tigercity sind ursprünglich ein Duo aus dem Nest Northampton im Neuenglandstaat Massachusetts, die seit 2005 mit angemietetem Drummer und Gitarristen im hippen Brooklyn Futter für Stadtmagazine abgeben.

Auch der amerikanische Rolling Stone biss schnell an, und nannte neue Lieblingsband, was bei Licht betrachtet allerdings vor allem eines Trademarks wegen aus der Masse an Retrobands heraus sticht: der extrem variablen Hauptstimme, die Timberlake-geschult Oktave für Oktave abläuft.

Im ersten Song des eigentlich als EP zu bezeichnenden Debüts lässt diese neuartige Symbiose dank warm perlender Früh-80er Synthiesounds und einer zarten Funkgitarre noch hoffen. Ab "Are You Sensation" verkommt der smart gesetzte Schönklang jedoch zum schalen Plagiat: INXS, ABC, Michael Jackson, Bee Gees, Duran Duran, The Strokes - wer der aktuellen Killers-Scheibe (ach ja, noch ein Einfluss) störende Vielseitigkeit nachsagt, muss hier endgültig Reißaus nehmen.

Nun hat gutes Kopieren erstens noch niemandem geschadet und steht zweitens einer gelungenen Neuinterpretation nicht unbedingt im Wege, siehe Zoot Woman oder Under The Influence Of Giants. Im Falle der Brooklyn-Truppe vermisst man jedoch des öfteren jene Finten und Songwritingkniffe, die den hinlänglich bekannten Soundpatterns neue Facetten entlocken.

Wer den 30 Minuten-Ratespaß trotzdem mitmacht, wird mit "Solitary Man" am Ende trotzdem noch versöhnt. Was aber auch mit meiner David Byrne-Vorliebe zu tun haben könnte. Fazit: Die Halbwertszeit dieser aufstrebenden Kapelle dürfte ungefähr bei der halben Album-Spielzeit liegen, die wiederum als Andy Warhol-Metapher für mediale Vergänglichkeit weltberühmt wurde. Und erinnert das Cover nicht frappierend an die Werke des Factory-Chefs? Das kann kein Zufall sein.

Trackliste

  1. 1. Powerstripe
  2. 2. Are You Sensation
  3. 3. Other Girls
  4. 4. Dark Water
  5. 5. Let Her Go
  6. 6. Solitary Man

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