laut.de-Kritik
'Ungekünzelt', geerdet und mit großen Melodien im Gepäck.
Review von Kai ButterweckTom Lüneburger ist es ernst mit dem Singer/Songwritertum. Was sich auf seinem Solo-Debüt "Good Intentions" phasenweise noch wie eine etwas überstürzte und nicht ganz ausbalancierte Verarbeitung seiner Myballoon-Vergangenheit anhörte, erfährt auf "Lights" seinen Feinschliff.
Lüneburger hat sich gefunden. Er hat abgeschlossen, und wirkt dabei keineswegs verbittert oder gar zerstört; ganz im Gegenteil. Die Zerrstufen gehören endgültig der Vergangenheit an. Der Sänger hat dem treibenden Rock'n'Roll abgeschworen und bettet sich glaubwürdig, geerdet und sympathisch in melancholische Moll-Landschaften.
Eine Stimme, eine Gitarre und - akzentuiert an den richtigen Stellen - eine Prise Background-Rhythmik. Mehr ist da nicht, und mehr braucht es auch nicht, denn Lüneburger steckt tiefer drin in seinem musikalischen Jetzt, als zur kompletten Myballoon-Zeit.
Selbstbewusst und doch verletzlich: Zwischen Hoffen und Bangen, nach vorne preschen und inne halten skizziert der Sänger mit markantem süßlich rauchigem Organ seinen ganz persönlichen Alltag. Das hebt das Genre nicht aus den Angeln, aber es bereichert die Branche um einen Künstler, den man sich sehr gut und im Vorprogramm eines Dallas Green, William Fitzsimmons oder Joshua Radin vorstellen kann.
Ob als simpler Folk-Barde ("Don't Lose The Heart", "Blood"), als beschwingter Lagerfeuer-Alleinunterhalter ("Old Days") oder einfach als Künstler, der weiß, wie es um einen guten Pop-Song bestellt sein sollte ("We are One", "Stop The World"): Tom Lüneburger hat auf "Lights" die Leichtigkeit auf seiner Seite.
Er hat zudem etwas, was vielen Gleichgesinnten auf ihren Songwriter-Irrwegen irgendwann abhandengekommen ist: große Melodien im Gepäck. Die verpackt er wahlweise in zartes Gitarren-Gezupfe oder aber in Gesangslinien, die einem so schnell nicht wieder aus dem Kopof wollen.
Hier und da jault ein Bottleneck auf und verfrachtet die ansonsten eher poppigen, zum Teil in Richtung Travis tendierenden Ergüsse in verstaubte Prärien, ohne aber wirkliche Country-Züge anzunehmen. Im Hintergrund sorgen zarte Drum- und Percussion-Rhythmen für aufkommendes Mitwipp-Verlangen, während Lüneburgers Organ im Verbund mit der Akustischen aber stets die Oberhand behält und die Richtung weist.
Dabei entstehen genauso viele Fragen wie Antworten. Selbstreflektierung paart sich mit versteckter Kritik an gesellschaftlicher Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit. Das Ganze funktioniert aber gut ohne gekünzelte Tränen und erhobenen Zeigefinger. So bleibt am Ende Einiges haften, sowohl musikalisch, als auch inhaltlich.
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