laut.de-Kritik
Zwischen kitschigem Pop-Appeal und deepem Charisma.
Review von Eberhard DoblerJede große Rockband bringt Best Of-Platten auf den Markt. Und erst recht eine Band, die Stücke geschrieben hat, die einem tragischen Helden, wie dem im vergangenen Jahr viel zu früh verstorbenen Joey Ramone, am Totenbett zur Seite standen. Bonos Stimme kann die Seele berühren, sie meistert den Balanceakt zwischen kitschigem Pop-Appeal und deepem Charisma. Seine Band ist heute erfolgreicher denn je.
In den Neunzigern lieferten U2 mit "Achtung Baby" (1991) und "Zooropa" (1993) zwei ihrer besten, vielleicht die besten Platten ab. Grund und Material genug, um die vergangene U2-Dekade Revue passieren zu lassen. Die zweite Best Of enthält Stücke aus vier U2-Alben inklusive vier neuen Remixen und zwei brandneuen Tracks. Während "Electrical Storm" (im William Orbit-Remix) an den U2-Sound im Jahre 2001 anknüpft, wartet das verhaltenere "The Hands That Built America" mit Streichern auf.
Nicht Wenige kamen Anfang der Neunziger mit den elektronischen Experimenten des "Sunday Bloody Sunday"-Quartetts auf den Geschmack. Andere schreckte das eher ab. Dennoch, Bono, der alternative Konsens-Held, war plötzlich der coole, gehörnte Prediger. Oder wie sollten Stücke wie "Mysterious Ways" oder das verzerrte Gitarren-Lick der Single "The Fly" (auf der Retrospektive unverständlicherweise nicht zu finden) sonst kategorisiert werden?
Während der Discobrenner "Discothèque" (der New Mix kann sich sehen lassen) vom Album "Pop" (1997) und zuvor der Batman-Soundtrack "Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me" noch einmal zeigten, wer den Coolness-Ring als Sieger verlässt, steuerten die Iren auf "All That You Can Leave Behind" alten Ufern entgegen und fuhren die elektronischen Elemente auf ein Mindestmaß zurück. "A Beautiful Day" und "Stuck In A Moment You Can't Get Out Of" zeigen das deutlich.
Großartige Balladen wie "One" und "Miss Sarajevo" stellen auch im Best Of-Kontext ihre Stellung als zeitlose Popstücke unter Beweis. Wer sich die Compilation zulegen will, sollte fix sein. Eine Woche lang liegt der Retrospektive eine Bonus-DVD sowie eine zweite CD mit 14 "besten B-Sides" bei. Zu empfehlen sind hier der rohe Mix von "Happiness Is A Warm Gun", die relaxte "Numb"-Überarbeitung und das U2-untypisch pumpende "Lemon".
Noch keine Kommentare