laut.de-Kritik
Rührung und Gänsehaut im letzten Atemzug.
Review von Stefan Johannesberg"...Der Mann sitzt vor mir leicht gebückt und ergraut / Und erzählt mir leis' von seinem Jungen / Der lebt heut' sein Leben irgendwo in der Stadt / Es ist alles ganz anders gelaufen / Er hat mir geschrieben er kommt nicht mehr heim / Ich glaub' ich werd alles verkaufen". Spätestens wenn Udo Jürgens alleine am Klavier mit zerbrechlicher Stimme den alten Fabrikanten in "Der gekaufte Drache" singt, kommt die Rührung und Gänsehaut im letzten Atemzug. Tatsächlich, dies ist Udos finales Konzert. Keine Touren im Zwei-Jahres-Rhythmus, keine neuen Songs, kein Bademantel-Medley mehr. Kein. Nichts. Nada.
"Warum nur, warum / bin ich nun so allein?" Eine Antwort erwarten die wenigsten, Udos Urne liegt nun in einem von seinem Bruder gestalteten weißen Flügel auf dem Wiener Zentralfriedhof. Vielleicht spürten die Schweizer Zuschauer unbewusst das jederzeit mögliche Ende, und so ist die Stimmung bei "Das letzte Konzert" in seiner Wahlheimat am 7. Dezember 2014 andächtig, ja fast ehrfürchtig.
Keiner flippt aus, keiner singt bis zum Bademantelfinale mit, und doch ist es gerade das, was das Publikum dieses Mal so sympathisch bodenständig macht. Ohne falschverstandenes und affektiertes Gepose lassen sie der langjährigen perfekt eingespielten Pepe Lienhard Band und Udos angegriffener Stimme angenehm zurückhaltend den nötigen Raum. So fällt es gar nicht negativ auf, dass die Songauswahl für Udo-Live-Alben-Verhältnisse nur Standard ist und auf Lieder, die im Schatten stehen, zumeist verzichtet wurde.
Hits wie "Ich war noch niemals in New York", "Immer wieder geht die Sonne auf", "Griechischer Wein" oder die obligatorischen Medleys kennt jeder schnapsbesamte Partygänger in ganz Europa. Interessant sind dieses Mal für wahre Fans vor allem "Die Welt braucht Lieder" vom 88er "Das Blaue Album" als bombastische Opener-Ballade (mit der spannenden Zeile "...der Gewalt autonom Widerstand leisten"), das funkige Bekenntnis zu Freiheit und Toleranz in "Ich bin dafür" vom legendären 82er "Silberstreifen"-Album und das späte 99er Epos "Die Krone der Schöpfung".
Doch das alles zählt nichts. Wie bereits im Meilenstein zum erstem Livealbum "Udo Live" geschrieben, sind alle 18 Live-Werke die wahren Klassiker Udos. Und siehe da, am Ende, im Bademantel im Finale alleine am Piano, gelingt beim letzten Lied seines Lebens ein mit Gänsehaut und Rührung nicht mehr gebührend zu beschreibender Abschluss – inklusive Standing Ovations der Fans.
"Der letzte Akkord verklungen, das letzte Lied gesungen, das letzte Autogramm geschrieben, fühl' mich übrig geblieben". "10 nach 11", das Pendant zum legendären "Nur Drei Minuten", klingt noch lange, noch sehr lange nach. Warum, nur warum.
2 Kommentare
Kaum ziehen zwei Monate ins Land, schomn kommt die Review. Wolltet ihr abwarten, ob Jürgens doch noch von den Toten aufersteht?
Seit¨mehr als 50 Jahre folge ich Udo-Musik & Texte.
Viele Konzerte miterlebt. Jetz ein Freund verloren.
Ja er lebt weiter, Sie auch ?
p.s. Komm aus Belgiën, nur Deutsch gelernt durch Udo, deswegen Fehler im Sprache & Schreiben.