laut.de-Kritik

Mmmmh, Reime.

Review von

"Mmmh Bars" gibts auf Umses "Immunsystem" selten, stattdessen den awfully hot coffee pot. Connaisseure von "Check The Rhyme"-Videos, die in sieben verschiedenen Farben unterstreichen, warum MF DOOMs gesamtes Lebenswerk sich aufeinander reimt, werden mit "Immunsystem" ihre helle Freude haben, denn auch hier reimt sich wirklich alles auf sich selbst. Kein Satz kommt zu einem geraden Ende, ohne nicht mindestens zwei Binnenreime in sich zu tragen. Das unterstützt den Flow, der laid-back und mühelos ist, ohne sich hart an Stimmeinsatz zu verausgaben.

Lines, die dann tatsächlich mal in einer Pointe enden, sind aber leider in der Unterzahl. Lediglich "Mein verdammter Scanner deutet's an, ich seh nur Junks und Blender, die dir ein' vom Pferd erzähln wie Countrysänger" hat mich schmunzeln lassen. Meistens gehen die Lines eher um sich selbst und wie sick sie sind, wie hart Umse am Hustlen ist und wow, muss Umse hart am Hustlen sein. Er zieht immer durch, verliert nie den Fokus, gönnt sich keine Mittagspause. Keine Ahnung ob Umse nebenbei noch in Vollzeit arbeitet, oder woran er eigentlich so geisteskrank hart am Werkeln ist.

"Bester Selecter, mein Beatgeschmack ist on Fleek" – Wer die Zeile hört, nickt sowieso schon mit, aber an der Stelle muss man das dann doch noch mal einen Ticken energischer abnicken, weil da hat Umse einen Punkt. Die Beatselection ist durch die Bank weg richtig stark, es zieht sich ein roter Faden durch, das Album hat seinen Sound und der geht rein. Wichtig, hier zu erwähnen, dass Umse das gesamte Album selbst produziert hat. Die Line "Mein Rap ist locker so gestört wie diese Beats" kann man dagegen nicht so einfach durchwinken. Er flowt durchgehend routiniert, fügt sich immer in das Instrumental ein, man hört die von ihm selbst viel zitierten Stunden, die in seine Kunst geflossen sind, die Reimketten sind beeindruckend. Aber wirklich zerstört oder durch den Rap auf das nächste Level gehoben wird hier keiner der Beats, eher ergänzt.

Ein Ausreißer aus der Oldhead-Silbenjonglage ist "Ich Kenn Das", in dem Umse lyrisch ein immersives Bild von depressiven Phasen zeichnet und dabei viel Empathie zeigt. Wirklich zugute halten muss man ihm, dass er nichts porträtiert, was er nicht ist. Er rappt nicht von Luxus, den er eigentlich nicht besitzt, und muss auch keine halbnackten Frauen für seine Videos bezahlen. Stattdessen macht er einfach Cypher in seinem Wohnzimmer, ist stolz auf seine Skills am Mic und das genügt.

Und wenn einem lange genug Vinyleffekte ins Ohr knuspern, gechoppte Soul-Samples mit Boom-Bap Drums fusionieren und Hooks gescratched werden, kann man einen Laas nicht lange fernhalten. Der hat wahrscheinlich beim täglichen Patrouillengang durch die Hood gehört, dass bei Umse im Studio gerade realgekeept wird und wollte auch mitmachen. Aber bitte erkläre einer Laas mal, wie Jenga funktioniert. Die Line "Mich kann man aus diesem Game nicht ziehen wie einen Jenga-Block" lässt bei seinem Wissen Lücken vermuten, die es zu füllen gilt wie ... auch nicht beim Jenga.

Wer den Anspruch an sich selbst hat, nur "echten Hip-Hop" zu pumpen, rein da, die hier ist für euch. Und wer ein Blender, ein Toy ist, der in Schockstarre verfällt, wenn ein echter G ans Mic steppt, oder so, dem bleiben noch verdammt gute Beats und routinierte, aber inhaltlich highlightarme Flows.

Trackliste

  1. 1. Kostenfrage
  2. 2. Musik In Der Luft
  3. 3. Herzmassage
  4. 4. Weißes Haus
  5. 5. Winter
  6. 6. Ich Kenn Das
  7. 7. Immunsystem
  8. 8. Dinge Werden Besser
  9. 9. ID
  10. 10. Keep On

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