laut.de-Kritik

Waits ganz ohne Testosteron.

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Na? Immer noch keinen Zugang zur Musik von Tom Waits gefunden? Dann liefert "Come On Up To The House: Women Sing Waits" eine unkomplizierte Möglichkeit, dies zu ändern. Dualtone Records lädt zur Feier seines 70. Geburtstags ein und lässt dazu eine Gruppe großartiger Künstlerinnen zwölf seiner Stücke als Ständchen singen. All dies produziert von Warren Zanes.

Naturgemäß fällt die Interpretation der einzelnen Lieder weitaus weniger kauzig aus, weil mehr kauzig als Waits geht eh nicht. Stattdessen führen die einzelnen, recht aufgeräumten Versionen an das Herz des Songwritings, legen dieses schonungslos frei und zeigen so noch einmal, was für ein überragender Songwriter der Amerikaner ist.

Bei der Auswahl der Tracks fällt schnell die Vorliebe für Waits' zwölften Longplayer "Mule Variations" auf. Ganze fünf Songs des Werks schafften es auf "Come On Up To The House: Women Sing Waits". Sämtliche Coverversionen umgibt eine muckelige Wärme, sie alle finden sich im Bereich Americana wieder. Portlands Schwestertrio Jospeh setzt gleich mit dem Opener "Come On Up To The House" ein magisches Highlight.

Das sehnsüchtig vor sich hin tuckernde "Hold On" funktioniert in den Händen von Aimee Mann gar prächtig. Corinne Bailey Rae befreit "Jersey Girl" von jeglichem muffigen Testosteron, das Bruce Springsteen dem Mädchen einst überzog. Stattdessen wird es in ihren Händen zu einer Geschichte gleichgeschlechtlicher Liebe. Anstatt in Melancholie zu versinken, lässt sie es leichtfüßig tänzeln.

Neben Iris DeMents Vibrato Overkill in "House Where Nobody Lives" fällt vor allem Kat Edmonsons auf. In ihrem "You Can Never Hold Back Spring" sind die Eulen nicht, was sie scheinen. Sie packt das Lied in ein surreales Gewand, ebenso kitschig wie abwegig. Wie geschaffen für rote Räume und einen David Lynch-Film.

Der ergreifendste Moment gelingt Rosanne Cash, wenn sie zu einem behutsamen Arrangement aus akustischer Gitarre, Kontrabass und Klavier mit rauer Stimme "Time" singt. Die dank Rod Stewart reichlich ausgelutschten "Downtown Train" und "Tom Trauberts Blues" durften offenbar nicht fehlen, doch schaffen es Courtney Marie Andrews und vor allem The Wild Reeds, diese Songs dem Struwwelkopf wieder zu entreißen. Zudem finden sich Interpretationen von Phoebe Bridgers, Shelby Lynne, Allison Moorer, Angie McMahon und Patty Griffin auf dem Longplayer.

Wo bei anderen Tributealben gerne Flickschusterei vorherrscht, erschafft "Come On Up To The House: Women Sing Waits" ein gesamtheitliches Bild. Manchmal so sehr aus einem Guss, dass man sich etwas mehr Abwechslung wünschen würde.

Trackliste

  1. 1. Joseph - Come On Up To The House
  2. 2. Aimee Mann - Hold On
  3. 3. Phoebe Bridgers - Georgia Lee
  4. 4. Shelby Lynne & Allison Moorer - Ol' 55
  5. 5. Angie McMahon - Take It With Me
  6. 6. Corinne Bailey Rae - Jersey Girl
  7. 7. Patty Griffin - Ruby's Arms
  8. 8. Rosanne Cash - Time
  9. 9. Kat Edmonson - You Can Never Hold Back Spring
  10. 10. Iris DeMent - House Where Nobody Lives
  11. 11. Courtney Marie Andrews - Downtown Train
  12. 12. The Wild Reeds - Tom Traubert's Blues

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