laut.de-Kritik
... aber doch eigentlich genau wie alle andern.
Review von Timm LechlerWincent Weiss, Ex-DSDS-Kandidat und Voract von Max Giesinger und Andreas Bourani, ist vor allem mit seinem Chart-Hit "Musik Sein" bekannt geworden. Er bringt nun nach seinem Debüt-Album "Irgendwas Gegen Die Stille" sein nächstes Werk auf den Markt. Ob es wirklich "Irgendwie Anders" als der herz- und seelenlose Einheitsbrei oben genannter Kollegen ist, bleibt nun zu klären.
Worum geht es überhaupt? Natürlich um die großen Dinge des Lebens: Beziehungen, Träume, Wünsche, Liebe, Verlust und Einsamkeit. Diese Themen werden so generell und allgemein zu Papier gebracht, dass man meint, die zweiundzwanzig (in Zahlen: 22!) Schreiberlinge dieses zusammengeschusterten Allerleis haben im Songwriting-Kurs nicht richtig aufgepasst.
Es erzeugt mehr Spannung und Emotionen, allgemeine Themen anhand von Beispielen oder im kleineren Kontext zu veranschaulichen. Doch das passiert hier leider nie "Irgendwie Anders" als in Form genereller Floskeln.
"Was Machst Du Nur Mit Mir" bringt lyrische Ergüsse wie "Wenn du mich so ansiehst / und mich damit so anziehst" hervor. Dazu gibts Mimimi-Herzschmerz-Balladen wie "Pläne", "Warum" oder "Endlich Leichter". Manmanman, haben die Mittzwanziger-Millionäre wirklich nur noch gescheiterte Beziehungen im Kopf, die ihr Leben ausmachen? Singt doch einmal über etwas Neues. Oder seid ihr etwa die, die sich auf Internet-Dating-Portalen alle elf Minuten neu verlieben?
Obendrauf gibt es die kalkulierten Songs fürs Radio, in denen sich Wincent zukünftige Beziehungen herbeisehnt: "Auf Halbem Weg", "Irgendwie Anders" und "Jemanden Vermissen". Hier kommt die immer gleiche Soundästhetik des Radio-Musters ebenso zum Vorschein, wie das inflationär genutzte und allgegenwärtige "Oh-Oh-Oh". Offenbar hat der Popsänger wirklich keine anderen Probleme als die unerfüllte Liebe. Zumindest reicht es aus, um damit 80 Prozent seines Albums zu füllen.
Das besitzt zwar einen halbwegs guten Anfang, aber spätestens nach Track vier sind die Themen abgegrast, die musikalischen Arrangements gesetzt und die Stimmvariationen bekannt. Immerhin Letzteres hat Weiss seinen Pop-Konkurrenten durchaus voraus: eine angenehme Stimme und schöneren Gesang. Das wars dann aber auch.
Einen Punkt gibts dafür, den zweiten für die einzige wirklich persönliche Nummer "1993". In dem nach seinem Geburtsjahr betitelten Song berichtet Weiss emotional darüber, dass er ohne Vater bei seiner Mutter aufwuchs.
Die Anspielstation dient aber nicht nur der Selbsttherapie, sondern soll auch andere Väter und Mütter dazu aufrufen, sich gut um ihre Kinder zu kümmern und sich nicht aus dem Staub zu machen: "Ich hab' eins von dir gelernt, das geb' ich gerne zu. Wenn ich mal Vater werde, werd' ich nie so sein wie du." Davon darf es beim nächsten Mal ruhig mehr geben, das zeugt wenigstens von ein wenig Charakter.
Insgesamt ist an der Platte leider gar nichts "Irgendwie Anders", es ist alles irgendwie fast gleich wie bei den anderen. Wie von der deutschen Pop-Musik-Maschinerie natürlich auch zu erwarten stand. Am Ende des Tages ist das fast alles austauschbarer, inhaltsloser, langweiliger, mit erfolgreichem Marketing gepushter Schwachsinns-Pop mit vielleicht ein wenig mehr Wiederkennungswert, als ihn die anderen Genre-Kollegen mitbringen.
Wer warst du noch gleich? Max Giesinger, Andreas Bourani, Matthias Schweighöfer, Tim Bendzko oder Wincent Weiss? Ich weiss es! W-W wie wenigstens ein wenig Wiedererkennungswert.
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