laut.de-Kritik
Unterkiefer ausgerenkt, alle Daumen nach oben.
Review von Dani Fromm"Gib uns ein Album. Gib es uns jetzt." Fast zwei Jahre hängt mein Wunsch jetzt schon in der Warteschleife, und Yetundey? Tja. Die kümmert sich ganz offensichtlich einen Scheiß darum, was irgendwelche Leute von ihr fordern, erwarten oder verzweifelt erflehen. Sie bleibt mit "Primetime" dem EP-Format treu.
Hölle, aber WAS für ein schniekes, kleines Konzept-Ding ist das wieder geworden! Dabei bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob Yetundey den roten Faden, der diese fünf Tracks verbindet, bewusst gesponnen hat, oder ob sich der inhaltliche Zusammenhang organisch ergeben hat. Vorstellen kann ich mir mühelos beides. Einerseits geht diese Frau zum einen so reflektiert und kontrolliert zu Werke, dass ihr wahrscheinlich nichts einfach so versehentlich passiert. Zum anderen ist sie aber auch Entertainerin durch und durch.
Es verwundert also kaum, dass das große Thema, das sie umtreibt, das Unterhaltungsgeschäft ist. Ein, wie wir alle wissen, vordergründig glamouröses, zuweilen aber auch dreckiges und fast immer vollkommen erbarmungsloses Business. Yetundey, selbst natürlich integraler Teil dieses Zirkus', leuchtet ihn auf "Primetime" genauso gnadenlos aus, und das aus allen möglichen Perspektiven. "Pollice Verso" blickt aus Gladiatorinnenaugen finster von der Arena aus hoch zu den Rängen und erwartet das Urteil - Daumen hoch oder runter? - der aufgestachelten Menge.
"Trollfinger" adressiert bei der anschließenden Afterparty in den Kommentaren direkt deren Verfasser, für deren Erbärmlichkeit sie präzise, dabei hübsch unverbrauchte Bilder findet, durch die ein paar angemessen irre Flötentöne schwirren. Wenn man liest, was allerorten so ins Netz gerülpst wird: Kein Wunder, dass der Track in einer ausgepiepten Schimpftirade aus-flucht.
In "Mytho" kontrastieren Yetundeys schneidende Zeilen den beschwingt klimpernden karibischen Urlaubs-Vibe des Beats. Smooth flowt ihr belgischer Featurepartner Golgoth auf Französisch ins Bild und liefert seiner Gastgeberin eigentlich nur den Aufhänger, zu zeigen, dass sie dieser Sprache ebenfalls mächtig ist, und wie! Zu zweit fegen sie den Mythos vom schnellen Geld und schnellen Ruhm mit einem trockenen "Die Story kenn' ich schon" vom Tisch.
In "Welches Outfit" referiert Yetundey, blechern scheppernd, wie über ein Dosentelefon in die in "Stranger Things"-Manier flirrenden Synthies eingezeckt, über Kleider, die angeblich ja Leute machen, ehe sie sich in "Gossip Girl" vollends von der Künstler*innen- auf die Gegenseite schlägt, um die Mechanismen der Medienwelt vorzuführen, die weibliche Acts noch eine Spur mitleidsloser zermalmt als andere: "Keine Werte, aber Fame", hurra.
"Lass mich in dein Leben", schmeichelt Yetundey da. "Man kanns mir nicht ansehen, wie shady ich wirklich bin." Nein, wirklich nicht. Wobei an dieser Stelle der EP längst gar nichts mehr verwundern sollte. Den Unterkiefer hat man sich ohnehin schon vier Tracks zuvor ausgerenkt. Nämlich, als Yetundey in "Pollice Verso" zum ersten Mal anfing, ZU RAPPEN. Sorry, ich muss es in Versalien schreiben. Hört euch das an, dann wisst ihr, wieso. In der Tat: "This is primetime."
Abgesehen davon kann ich mich ohnehin nur wiederholen. Rappen, singen, produzieren, tanzen, Outfits und Videos konzipieren: Yetundey kann alles. Außer wohl ein Album in voller Länge aufnehmen. Mir egal, ich will das immer noch. Jetzt aber wirklich.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Puh, das ist schon ziemlich schlecht
Yanni Fromm? Wer ruft den Exorzisten?
Kernschrott
Also magst du es?
@Hai
Also, ich mag auf jeden Fall dich. Du bist nicht so kompliziert wie die meisten hier