laut.de-Kritik
Vor lauter lauten Farben kein Gold zu sehen.
Review von Amelie KöpplIm Grunde sind Amanda Palmer und Edward Ka-Spel die gleiche Person, beachtet man deren gemeinsame musikalische Geschichte. Nur der zeitliche Rahmen könnte unterschiedlicher kaum sein.
Mit den Legendary Pink Dots beeinflusst Ka-Spel Palmer schon früh. Im Alter von 16 Jahren begegnet sie ihrem Idol, der zu diesem Zeitpunkt ganze 22 Jahre mehr auf dem Buckel hat. Das hindert die junge Frau jedoch nicht, in ihm und seiner Band eine große Inspiration für ihre eigene Combo Dresden Dolls zu sehen.
Die seit einer gefühlten Ewigkeit geschmiedeten Pläne für ein gemeinsames Album wird nun, 25 Jahre später, mit "I Can Spin A Rainbow" Realität. Wie das klingt, wenn sich Palmers Klavier-Etüdchen mit Ka-Spels notorischem Hang zum Experimentieren paart? Endlose Tiefe und gleichermaßen Kreativität, die sich in fast jedem Song des Albums wiederspiegelt, oder besser gesagt: Was die beiden verbindet, lässt sie gleichermaßen aneinander reiben.
Amanda Palmer und Edward Ka-Spel nehmen aber nicht ihre gemeinsame Vergangenheit zum Thema, sondern auch spontane Einblicke in ihre privaten Abgründe, wobei die Wortwahl auch gerne mal beunruhigend Nahe geht.
"Beyond The Beach" klingt eher nach bittersüßen Früchten der Erkenntnis: "I cannot recommend the cherries, hanging low from this old tree. They glow on moonless nights and taste a bit like paraffin." "The Clock At The Back Of The Cage", eine Gänsehaut erzeugende Ode mit irritierenden Spieluhrelementen, vermischt sich mit Ka-Spels Gesang so lange, dass nur noch Palmers sphärisches Atmen den Lärm durchdringt. Wie "Jack Of The Hands" birgt der Song eine kaum zu übertreffende Morbidität, obwohl der Vergleich zum Wiegenlied nahe liegt.
Überhaupt ist "I Can Spin A Rainbow" voll von verqueren Text- und Melodiestrukturen, die es selbst dem geneigten Hörer schwer machen, schnell bis ins Herz des Albums zu dringen. Und das bis zuletzt, wenn wir in "Rainbow's End" schon wieder vor verschlossenen Gedankengängen stehen: "I am blinking in the nights, he is turning to the lights. 'We will get there in the end', he whispered, reaching for a light."
Die Platte ist spannend, besitzt sicherlich einen großen Schwung an ausgetüftelter Tiefe. Aber sie anzuhören ist im Gegensatz zu Palmers vergangenen Kollaborationen schlichtweg unbefriedigend. Wie der Topf Gold am Ende des Regenbogens, der vor lauter bunten Farben für immer verborgen bleibt.
1 Kommentar
grandiose platte, bei der ich den kollabo-freudigen ka-spel fast noch intensiver und abgründiger emfinde als etwa seine tear garden-sachen oder manches auf seinen "china doll"-platten. palmers songwriting dazu ergibt eine nahezu perfekte musikehe.