laut.de-Kritik
Rap, der mal nicht gewalttätig und menschenverachtend ausfällt.
Review von Dani Fromm"Got me here. What you do now is up to you." Man muss kein Hip Hop-Head sein, um sich dem Zauber, den Atmosphere mit jedem Album aufs Neue verbreiten, mit Haut und Haaren auszuliefern. Sogar entschiedenen Verächtern von Beats & Reimen könnte - sollte! - man, was das Duo aus dem Hause Rhymesayers anrichtet, bedenkenlos kredenzen.
Ganz nebenbei lässt sich mit "The Family Sign" einmal mehr der Beweis führen, dass Rap nicht ansatzweise so gewalttätig, menschenverachtend, stumpfsinnig und unmusikalisch ausfallen muss, wie es Ahnungslose dem Genre mit schöner Regelmäßigkeit allzu gerne ans Zeug flicken wollen. Oh, nein.
Atmosphere schließen die ohnehin nur in den Köpfen von Schubladendenkern existente Kluft zwischen Hip Hop und im besten aller Wortsinne alternativer Gitarrenmusik in einer Weise formvollendet, man möchte niederknien. Nate Collins integriert seine Gitarre, Erick Anderson sein Piano in die größtenteils ziemlich schwermütige Stimmung. Diese strömt Ants Beats jeder Note, als sei nie etwas anderes vorgesehen gewesen. Wars ja auch nicht: Seit jeher bediente sich Hip Hop, wo immer sich ihm Spannendes bietet. Warum die Bluesnote samplen, wenn man sie live einspielen kann?
Der Instrumentierung zum Trotz behalten die Instrumentals ihren minimalistischen Charakter bei. Es genügen nur jeweils wenige Elemente, um ein Gefühl, eine Atmosphäre einzufangen. Kaum eine Combo trägt ihren Namen mit größerem Recht. Unwirkliche, geisterhafte Stimmen wehen hinter den tonnenschweren Akkorden von "My Key" vorbei, verdichten sich mit Geräuschen und Effekten zu einer unwirklichen Kulisse. Ein einsames Klavier illustriert die schneebedeckte Wildnis in "Became".
Erst mit "Just For Show" wendet sich die musikalische Begleitung, wenn man so will, etwas Hip Hop-typischeren Gefilden zu. Der Sound wandelt sich leise, wird harscher, basslastiger. Die Gitarre bleibt allerdings, dem im Reggae entliehenen Offbeat-Groove zum Trotz, tief im Blues verankert. "Who I'll Never Be" verbindet Drums, wie sie ?uestlove nicht staubiger hätte eintrommeln können, mit einer Akustikgitarre, die die Eagles im "Hotel California" vergessen haben müssen. "I Don't Need Brighter Days" packt Synthies unter die E-Gitarre. Es gibt keine Genre-Grenzen. Alles ist Musik.
Auf ihrem steten Fluss verbreitet sich ein Rapper, bei dem mich regelmäßig der Eindruck beschleicht, in Versen zu kommunizieren sei der von der Natur ursprünglich vorgesehene Weg, sich zu artikulieren. Slug erzählt seine Geschichten, die das Leben schrieb, mindestens so flüssig wie anschaulich. Die Verbindung aus Text, Technik und musikalischer Umsetzung zieht unaufhaltsam in ihren Bann.
Statt wie ein unbeteiligter Zuschauer, fühlt man sich mitten ins Geschehen hinein katapultiert. Man sitzt neben "Bad Bad Daddy" an der ranzigen Kniepentheke und wünscht innigst, die Juke Box böte einen Track von Gang Starr. Die hohlen Floskeln in "Your Name Here" schmerzen, als bekäme man sie - was ohnehin oft genug geschieht - persönlich ans Ohr geschwallt.
Den üblen Teufelskreis, in dem sich häusliche Gewalt noch auf die Zeuge gewordene nächste Generation auswirkt, meint man in "The Last To Say" vom Fuß der Treppe aus zu beobachten. Die Erkenntnis: "You can't hold hands when they make fists." Die Aufforderung "Go get yourself a more better forever": nur die logische Konsequenz. Möglicherweise steckt der Schlüssel zu einem besseren, zufriedeneren Leben ja wirklich im Loslassen-Können.
In "Became" folgt der Hörer den einsamen Spuren im Schnee zusammen mit dem Erzähler, dessen Gedanken, seine Beklommenheit, seine Ängste sich nahezu ungefiltert übertragen. Ebenso unmittelbar darf man dafür aber auch den lichten Momenten beiwohnen und mit "She's Enough" ein wunderbar kantiges Liebeslied genießen. Songs an den eigenen frischen Nachwuchs gibt es wie Sand am Meer, doch nur aus wenigen strahlt ähnlich überwältigendes, ansteckendes Glücksgefühl wie aus "Something So".
"My Notes" setzt einen versöhnlichen Schlusspunkt unter ein über weite Strecken doch ziemlich trauriges Album: Es tönt, trotz allem, nach Hoffnung, nach Aufbruch. "As long as I can hit my notes" ... so lange das noch klappt, können die Dinge so schlimm nicht stehen. Dass es noch klappt, daran hinterlässt "The Family Sign" nicht den Hauch eines Zweifels.
13 Kommentare
Keine Menschenverachtung? Och menno.
...ich hasse diese bekackten Eagles, Mann!
Klingt insgesamt gut die Platte, kam mir nach dem ersten Durchlauf aber schon n bischen monoton vor. Kann sich aber ja noch ändern, mal nochma durchjagen.
was ne beschissene überschrift für die review...
ich finds egtl. ganz cool, seh die nächsten monat live, freu mich...
Ich weiss nicht, ob ichs langweilig oder gut finden soll. Ich schätze beides trifft zu.
Wo sind die Kommentare hin??