laut.de-Kritik

Perfekte Harmonie und eine unwiderstehliche Songauswahl - Vollbedienung für Fans guter Musik!

Review von

Dass Joe Bonamassa mit Releases nicht gerade geizt, hat er in den vergangenen Jahren bewiesen. Auch Videos hagelte es in letzter Zeit mehr als genug. Warum es sich trotzdem lohnt, sich "Live In Amsterdam" ins Regal zu stellen? Erstens: Joe Bonamassa spielt Gitarre. Zweitens: Joe Bonamassa spielt Gitarre. Drittens: Beth Hart singt. Viertens: Die Songauswahl ist einfach unwiderstehlich.

Ein kurzes Intro, dann eröffnet "Them There Eyes" die bunte Reise durch die Musikgeschichte. Ein mehr als würdiger Beginn. Billie Holiday wäre stolz auf ihre Nachfolger – ganz zu schweigen von Songwriter Maceo Pinkard. Bonamassa und Co. covern das Jazzstück nicht einfach – sie machen es sich zu eigen. Obwohl er schon weit über achtzig Jahre auf dem Buckel hat, drückt der Song ordentlich und klingt alles andere als altbacken.

Weiter geht es mit der Blueswalze "Sinner’s Prayer" und Ryan Weeks' "Can’t Let Go". Bonamassa demonstriert, warum er zu den Besten seiner Zunft gehört. Fingerpicking-Solo mit Bottleneck? Zockt er runter, als wäre es seine leichteste Übung. Ist es wahrscheinlich auch. Derweil punktet Beth Hart mit unglaublicher Bühnenpräsenz und brilliert in ihrer stimmlichen Varianz.

Außerdem gibt es ja noch genug andere Musiker auf der Bühne. Ein bisschen Keyboard gefällig? Arlan Schierbaum spielt seine Lines im wahrsten Sinne des Wortes mit dem linken Zeh. Wen haben wir noch? Stimmt, Schlagzeuglegende Anton Fig ist auch mit von der Partie und trommelt routiniert sein Set. Sein Solo während des Buddy Miles-Klassikers "Miss Lady" gehört zwar nicht zum Innovativsten, was der Drummer je in die Felle gehämmert hat, aber es macht trotzdem Spaß, dem Mann mit der Mütze zuzuschauen. Außerdem dabei: Ex-David-Bowie-Basser Carmine Rojas, Supertramps Trompeter Lee Thornburg und Blondie Chaplin, nach Keith Richards die coolste Sau, die der Rock 'n' Roll je hervorgebracht hat.

Trotz dieser geballten individuellen Klasse agiert die Band stets im Kollektiv. Bonamassa eingeschlossen. Er steht nicht wie bei seinen Solotouren im Vordergrund, sondern macht es sich inmitten seiner Instrumentalkollegen in der zweiten Reihe bequem. Die verlässt er auch während beinahe des gesamten Konzertes nicht. Nur bei "Someday After Awhile (You'll Be Sorry)" tritt er ans Mikro und übernimmt den Leadgesang. Beth Hart verschwindet dafür kurzzeitig von der Bühne, nachdem sie zuvor mit "Baddest Blues" den einzigen Nicht-Coversong performte. Zu diesem Zeitpunkt ist gerade mal die erste Hälfte der Show vorüber.

Dann heißt es Hüften wackeln bei "Well, Well". Joe schüttelt derweil das nächste Weltklassesolo aus dem Anzugärmel. Direkt im Anschluss empfiehlt sich das Duo Beth Hart/Joe Bonamassa mit seiner Blues-Western-Interpretation von Melody Gardots Jazz-Chanson "If I Tell You I Love You" für den nächsten James Bond-Song.

Weitere Höhepunkte stellen das epische, sich langsam steigernde "Strange Fruit" sowie das explosive "Nutbush City Limits" aus der Feder von Ike und Tina Turner dar. Während die beiden Gitarristen abgezockt die Backing Vocals übernehmen, lässt Beth Hart noch einmal Rockröhre und Frontsau raushängen. Gleich darauf präsentiert sie ihre sanfte Seite im finalen "I'd Rather Go Blind" und demonstriert ein letztes Mal ihr gesamtes Können – sowohl in Phrasierung als auch im Ausdruck. Nach einem ausgedehnten Solo und dem traditionellen Schlussakkord ist dann Schicht im Schacht - zumindest beim Livekonzert.

Auf der DVD ist gerade mal Halbzeit. Zusätzlich zum knapp zweistündigen Auftritt gibt es nämlich noch eine Bonus-Disc obendrauf. Und die bietet Hintergrundinformationen galore. Neben einem ausführlichen Tourbericht mit allerlei Interviews und Backstage-Footage enthält die zweite DVD auch eine alternative Version von "Someday After Awhile (You'll Be Sorry)", aufgenommen bei der ersten der zwei Amsterdam-Shows, sowie ein Making-Of. Bei diesem kommen nicht nur die beteiligten Musiker und Manager zu Wort, sondern beispielsweise auch der Lichttechniker, was für Interessierte durchaus spannend sein kann.

"Beth Hart & Joe Bonamassa – Live In Amsterdam" fasst die beiden Bonamassa-Hart-Kollabos "Don't Explain" und "Seesaw" perfekt zusammen. Für Anhänger der beiden Musiker wahrlich die Vollbedienung. Joe Bonamassa äußert als Grund für die Zusammenarbeit, er wolle "nicht eindimensional werden". Also gibt er auf der DVD einen runden Überblick über seine eigenen Einflüsse und lässt die Blueshistorie Revue passieren. Jeder, der sich auch nur ansatzweise für diese Musikrichtung begeistern kann, kommt hier definitiv auf seine Kosten.

Trackliste

  1. 1. Amsterdam, Amsterdam!
  2. 2. Them There Eyes
  3. 3. Sinner's Prayer
  4. 4. Can't Let Go
  5. 5. For My Friends
  6. 6. Close To My Fire
  7. 7. Rhymes
  8. 8. Something's Got A Hold On Me
  9. 9. You Heart Is As Black As Night
  10. 10. Chocolate Jesus
  11. 11. Baddest Blues
  12. 12. Someday After Awhile (You'll Be Sorry)
  13. 13. Well, Well
  14. 14. If I Tell You I Love You
  15. 15. See Saw
  16. 16. Strange Fruit
  17. 17. Miss Lady
  18. 18. I Love You More Than You'll Ever Know
  19. 19. Nutbush City Limits
  20. 20. I'd Rather Go Blind
  21. 21. Antwerp Jam

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