laut.de-Kritik

Es ist schon ein Kreuz mit den Altrockern ...

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Es ist schon ein Kreuz mit den Altrockern. Stones, Aerosmith, Bon Jovi und wie sie alle heißen. Bist du ein junger, hipper Kritiker, "cutting-edge" sozusagen, findest du sie bestenfalls langweilig. Alterst du mit der Band und bist so richtig "deep into music", plapperst du es den hippen am besten nach. Was sagt uns das über die gleichnamige Single des neuen Bon Jovi-Albums? "Have A Nice Day" - so banal der Titel, so fanorientiert der Refrain.

Rhythmusbetont und mit amtlichem Chor dürfte er nicht nur einmal als Klingelton herunter geladen werden. Was ja per se nichts über die Qualität des Stücks aussagt. Der Track ist okay komponiert, eine rauere Produktion hätte ihm aber besser gestanden. Ein Makel, der Bon Jovi seit längerem anhaftet. Gerade die Drums werden so lange entschärft, bis dem durchschnittlichen Hörer eines Mainstream-Radios die Kaffeetasse eben nicht aus der Hand fällt. Hardrock muss anders gehen.

Bon Jovi spielen ihr massentaugliches Rezept zwischen Balladen, Powerballaden und härteren Rock-Nummern zum zigsten Mal durch - wobei sie diesmal die beiden letzteren Varianten betonen. Sprich, meistens rekurieren sie auf sich selbst. Melodie und Pathos ("Bells Of Freedom" oder "Wildflower") sind wichtiger als Schmackes. Und sollte es doch mal up-tempo ("Last Man Standing") oder heftiger ("I Want To Be Loved") zur Sache gehen, reißt mit Sicherheit kein Trommelfell.

Bei vorliegendem Album-Cover ist dies auch keinesfalls zu erwarten: Inhalt und Verpackung passen halt zusammen. Womit wir beim zweiten Hauptproblem der Männer aus New Jersey wären: Das kommt alles viel zu kalkuliert, selbst wenn manches gefallen kann (die Refrains des poppigen "Who Says You Can't Go Home" oder des triefenden "I Am").

"Have A Nice Day" bietet bombensicheren Standard für Menschen, die tatsächlich glauben, es macht - rein musikalisch betrachtet - einen Unterschied, ob Casting-Würste oder waschechte Mainstream-Poprocker zu Werke gehen. Letztere sind nun mal das Original.

Trackliste

  1. 1. Have A Nice Day
  2. 2. I Want To Be Loved
  3. 3. Welcome To Wherever You Are
  4. 4. Who Says You Can't Go Home
  5. 5. Last Man Standing
  6. 6. Bells Of Freedom
  7. 7. Wildflower
  8. 8. Last Cigarette
  9. 9. I Am
  10. 10. Complicated
  11. 11. Novocaine
  12. 12. Story Of My Life
  13. 13. Dirty Little Secret

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1 Kommentar

  • Vor einem Tag

    Während die Leadsingle "It's My Life" vom Vor-Vorgängeralbum "Crush" das Erkenntnis-Fundament der Autonomie beträllerte,
    liefert "Have A Nice Day" nun endlich auch die sich an praktischen Lebensformeln orientierende Anleitung zum Umgang mit Menschen, die einen feuchten Kehricht darauf geben, dass jemand das Grundgesetz für sich in Anspruch nimmt.

    Klar, "Bounce" beschäftigte sich ebenfalls mit der Art wie wir leben, nur spiegelt die kollektive Ebene meist dann doch noch eine Art Rest-Einheitsbrei dar, der ironischerweise bei beiden Ersterwähnten durch starke Singles(!), sprich: Individuen, beackert und verziert werden kann UND darf.

    Ich denke auch, dass viele Bommer-Nachkommen hier ein paar lyrische Hinweise darauf finden, warum Work-Life-Balance inzwischen auch groß geschrieben wird, insbesondere, wenn Bon Jovi singt:

    "My daddy lived a lie, it's just the price that he paid
    Sacrificed his life, just slavin' away."

    Gut, jetzt kann man natürlich sagen, dass Bon Jovi italienische Vorfahren hat und ein besonderes Augenmerk auf Diskretion in der Mittagspause legt. Was mir hingegen etwas spanisch vorkommt, ist, dass Bon Jovi davon zu singen scheint, dass er nicht tun möchte, was er nicht will, gleichzeitig aber sich dem Risiko hingebend auf einem Felsvorsprung dem Wind Anweisungen über dessen Gebaren macht.
    Ist das ein klassischer Fall von Dunning-Kruger-Narzissmus? Finde, da brauch man sich dann auch nicht mehr wundern, wenn andere einen ständig nerven, dass man dies und das tun soll und zwar genau so wie es ins System passt, wenn man sich selbst auf die Fahne schreibt, dem Wind vorzeigen zu können, wie er am besten seine eigene Wirkung entfalten tut, insbesondere auch wegen der Unsichtbarkeit des Windes, was eine gewisse, ausgeprägte Phantasie beim Protagonisten insinuiert.

    Gewisse oppositionelle Züge hat er schon, meines Erachtens, was auch durch die Eingangsfrage "And who are you to tell me if it's black or white?" ein wenig eingeleitet wird. Es ist halt schon Schwarz-Weiß-Denken, wenn man anderen vorschreibt, dass man selbst zwischen schwarz oder weiß entscheiden möchte. Die Borderline-Meta-Ebene im Prinzip.
    Also, ich find das immer schwierig: ich rate Menschen auch immer gerne ihr Ding durchzuziehen, sehe aber durchaus die Gefahr, dass, wenn das zu viele machen, wir irgendwann als Gesellschaft einfach nicht mehr funktionieren oder ketzerisch gesagt: existiert das Grundgesetz in dieser freigeistigen Ausrichtung nur, weil es zu viele Unmündige gibt, die es für sich gar nicht konsequent anwenden? Was wäre, wenn wir Artikel 2 Grundgesetz komplett wörtlich nehmen würden? Jeder läuft durch die Gassen und sagt zu sich "Ich bin genau so gut, wie ich bin und alle Anderen haben das exakt so zu akzeptieren" oder halt, wie BJ mit leicht nihilistischem Anstrich: "Have a Nice Day!?"

    Als Conclusio könnte man vielleicht als erstes Versöhnungsangebot von meiner Seite aus festhalten, dass ein gesellschaftliches Grundgerüst niemals gefährdet werden darf.
    Also die Hilfe untereinander, auch institutionalisiert durch Gesundheitswesen, Nahrungsversorgung etc. Dennoch müssen wir uns alle durch unsere Note, unsere Fähigkeiten
    einbringen, Technologien entwickeln, Fortschritt, Ideen, Sozialarbeit an den Schulen, usw. Ungefähr so wie ein Gericht, das immer gleich ist, aber immer mal wieder unterschiedlich gewürzt. Bon Jovi macht es ja bereits vor mit seiner Familie und der eigens beworbenen Bongiovi-Tomaten-Soße: "Authentisch im Geschmack, vielseitig und lecker."

    So liest sich dann halt leider auch der Rest des lyrischen
    Spaghetti-Monsters: "Schauen Sie sich um, nichts ist, wie es scheint"; "Wir leben in einem kaputten Zuhause voller Hoffnungen und Träume"; "Lassen Sie mich der Erste sein, der eine helfende Hand schüttelt"; "Jeder, der mutig genug ist, Stellung zu beziehen"; "Ich klopfte an jede Tür in jeder Sackgasse".

    Man gewinnt durchaus den Eindruck, das mit der Tür und der Sackgasse hatte Songwriting-Methode und jeder, der seine Tür öffnete, durfte durch Zufall irgendeine Bibelstelle aufschlagen und vorlesen. Einer von den Besuchten muss definitiv Billy Joe Armstrong gewesen sein.

    Zum Schluss aber dann gerne nochmal ein Credit, auch wenn es viele andere Rock-Bands gab und gibt, die ein größeres Repertoire an Hits haben, muss ich schon eines offen zugeben:

    Bekäme ich morgen eine Abmahnung, wäre das erste was ich täte: "Have A Nice Day".