laut.de-Kritik
Ein bisschen zu sehr aus einem Guss.
Review von Yannik Gölz"Dies ist nicht Blüte 2. Das hier ist für die Leute". So prangt es minimalistisch vom neuen Shindy-Album herab, als hätte das Volk nach einem Sequel zu seinem letzten Album gelechzt. Was bekommt das einfache Volk also von dem Mann, der sich seit dem Tod Karl Lagerfelds zu unserem neuen Modezar gekürt hat? Wenn wir ehrlich sind: Einen Haufen Tracks, der genau so auch auf "In Meiner Blüte" hätte stattfinden können. Wenn es irgendwelche Nuancen gibt, die diesen poschen Fashiontalk essentiell von seinem Vorgänger unterscheidet, dann ist er Shindys geistig-moralischen Algorithmen vorbehalten, denn mir Pöbel erschließt es sich nicht.
Muss es ja auch gar nicht. Ihr anderer Pöbel, dürstet es euch nach einem kurzen, prägnanten Shindy-Punchline-Tape? Im Grunde deklariert er hier für dreißig Minuten nur, was er gerade cool und was er gerade nicht cool findet. Channel-Tennisschläger? Cool. Bei McDonalds arbeiten? Uncool.
Man würde lügen, wenn man sagen würde, er würde das nicht ganz unterhaltsam machen. Shindys neureiche Bonzenwelt liegt zumindest in der Nachbarschaft von Harry Quintana, und natürlich ist da ein Reiz, wenn er die junge Rapper-Arroganz in die letzten Bastionen der konservativen Tegernsee-Cliquen trägt. Fashiontalk funktioniert ja immer nur dann, wenn man dem Geschmacksurteil des Autors über den Weg traut - und man merkt Shindy das nerdige Interesse an High Fashion und Highlife durchaus an. Wenn dann dazwischen immer mal wieder noch eine gut pointierte Line versteckt ist (z.B. "Tim Bendzko soll die Welt retten" oder "Ich trag diverse Nagetiere"), die ein klein bisschen Humor unter den Hoheitsanspruch mischt, lässt sich das gut anhören.
Vor allem, weil er diesen Rapstil im deutschen Raum durchaus perfektioniert hat. Er ist immer noch auf diesem Nullerjahre-Hov-Film, nimmt dessen Lockerheit und Pausensetzung und modernisiert sie um die Reimtechnik im teutonischen Raum. Heißt konkret, dass wir ziemlich viele dicke Reime kriegen, die er aber im Vergleich zu grobmotorischeren Rappern sehr smooth und musikalisch in den Grid platziert. Wenn irgendwas, dann beweist Shindy auch mit "I <3 My People", dass er handwerklich in der Schwergewichtsklasse boxt.
Aber trotzdem: Immer mal wieder kommt ein Anspruch darauf, dass er der beste aller Zeiten sein möchte. Und dafür ist das alles zu substanzlos und fluffig. Wenn er die Hovs und die Drakes auch um Fashionista-Attitüde und Glam anzapfen kann, fehlt ihm doch einfach der Pathos und das Drama. Relativ handwerklich und unaufgeregt rattert er hier Track für Track Lines runter, die zwar ein Qualitätsminimum nie unterschreiten, aber auch absolut keine Überraschung bereit halten. Um beim Beispiel Jay-Z zu bleiben: Seine besten Momente entstanden daraus, den Flex über einen doppelten Boden zu spannen, der immer nah am Abgrund stand. Gewalt, Armut, scheiternde Existenzen waren bei ihm nie weit. Shindys aktuelles Mojo hat so eine Fallhöhe nicht.
Es fällt regelrecht schwer, einzelne Tracks hervorzuheben. Es fällt auf, wenn mal ein Feature vorbeikommt ("Einfach Nur Reich" oder "Skims Hoes") und es fällt auf, dass er auf "Oberpfaffenhofen Freestyle" den selben Jay-Z-Track interpoliert, den wir auch auf Kanyes "Saint Pablo" hören (wobei der kurze Mehrwert, dass wir diese Sounds mit dicker Atmosphäre assoziieren, am Ende doch eher effekthascherisch als verdient kommt). Ansonsten: Es geht in einem Guss durch. Ein bisschen zu sehr aus einem Guss.
Es scheint, als wäre er am Ende von "Free Spirit" so sehr in Fahrt gekommen, dass er die selbe Art Lines einfach noch dreißig Minuten weiter durchgerattert hat. Aber ohne die Zielscheibe in Kollegah wirkt die Blasiertheit und Süffisanz nur halb so sticky. Im Grunde macht Shindy hier konstant dasselbe: Er macht es sehr wertig, er hält die Messlatte oben und zeigt, dass er seinen eigenen Film durchzieht und entwickelt. "I <3 My People" soll ja auch nur ein Warmlaufmixtape sein, also hoffen wir mal, dass er sich hiernach zu Genüge warmgerappt hat und auf der tatsächlichen "Blüte 2" ein bisschen mehr Substanz und Pathos finden, die er aus diesem neidlos ganz coolen Style heraus entwickelt. Für sich stehend dürfte das hier vor allem die Hardcore-Shindy-Fans interessieren.
6 Kommentare mit 2 Antworten
Sehr viel Text für ein so belangloses Album. Hab mir sogar die Mühe gemacht, diesen durchzulesen und bin erstaunt, mit welcher Ernsthaftigkeit hier diese 30 Minuten Bedeutungslosigkeit kommentiert werden.
Shindy hätte durchaus das Potenzial, gute Alben zu machen und er ist einiger der wenigen deutschsprachigen Artists, denen ich auch ein Konzeptalbum wie Kendricks good Kids... zutrauen würde. Aber in wirklich jedem Track seit Drama wirklich nur den eigenen Reichtum zur Schau zu stellen, ist auf Dauer ermüdend und... naja - einfach belanglos und langweilig.
Wann war denn der Punkt, an dem Shindy vom Weg abgekommen ist, ich meine nach der Rucksacksache. Ein kurzes Aufflackern noch 2019 mit "Drama", das war jedoch auch eher inkonstant
War jetzt SO aber bestimmt einigen Mitglieder der Red. auch lieber als in Konstanz.
hat bestimmt Konstanz-Verbot, dieser Michi
lässt sich gut durchhören. Bisschen komische abmische hier und da. Das yung kafa ding versteh ich nicht. Intro, outro geil.
Highlight oberpfaffenhofen freestyle.
„Komm näher an den Jet ich will nicht über nassen boden“
Chanel schreibt man nicht mit 2 N
Mal kurz reingehört und sofort dümmer gefühlt. Unfassbarer Dreck. Dann auch noch 1 Punkt mehr als die Amigos. Der Prophet gilt nun mal nichts im eigenen Land.
Ich glaube ich könnte Shindy als Roman- oder Serienfigur mehr feiern. Musik höre ich zu identifikatorisch.