laut.de-Kritik

Mehr Flop als Blockbuster.

Review von

Bonez MCs Promophase bot einiges: Sticheleien gegen andere Rapper, absurd blöde Kommentare über Frauen und zuletzt sogar Trennungsgerüchte aufgrund eines zufälligerweise nicht so eindeutigen Songs. Der Hamburger weiß, wie man Album-Vorbestellungen ankurbelt. Acht Jahre nach dem Solo-Debüt "Krampfhaft Kriminell" will Johann Moser mit "Hollywood" zeigen, dass er auch ohne seine Bande im Rücken oder RAF Camora ein relevanter MC ist.

Zusammen mit Gzuz ist Bonez auf den "High & Hungrig"-Platten zwar stumpf, doch die Roughness unterhält. "Palmen aus Plastik" schließlich hob kurzerhand Dancehall vom nischigen Party-Genre auf Charts-Niveau und löste einen Karibik-Hype sondergleichen aus. Doch was diese Projekte trotz thematischer Einöde unterhaltsam machte, geht "Hollywood" in weiten Teilen ab. Bonez kann sich nicht zwischen Rap und Dancehall entscheiden, weiß nicht, ob er das alles jetzt ernst meint oder nicht und wo genau er den Hollywood-Film versteckt, verrät er auch nicht.

Dabei knüpft "Wild Wild West" mit Jahmiel noch an die Eingängigkeit von "Palmen aus Plastik" an. Der verschleppte Beat harmoniert mit dem vollen Bass von Bonez' Stimme, die hellen Gesangseinlagen des Reggae-Musikers lockern das Lied angenehm auf. Auch das poppige "Roadrunner" geht ins Ohr. Zwar kein Filmthema, trotzdem mit klarem Bezug zum Fernsehen. Dass die Parallele zwischen Bonez und dem Roadrunner mit "Unter Strom wie der Roadrunner" arg weit weg geholt wirkt, geschenkt. Es ging Bonez noch nie um besonders ausgereiftes Storytelling, eine catchy Hook genügt, was er dazwischen sagt: egal.

Danach verliert das Album seinen blassrosa Faden, die Ideen sind vorerst erschöpft. Mehr und mehr steht sich Bonez selbst im Weg. Egal ob mit größerem Dancehall-Einschlag wie auf "Ihr Hobby" oder direkterem Rap auf "Panik", er klingt einfach immer genau gleich. Die tiefe Stimmlage, angereichert mit viel gezwungenem Rumgenöle und manchmal etwas Autotune lassen das Zuhören zu einer Tortur werden. Natürlich ist Bonez und die 187 Strassenbande kein dilletantisches Nebenprojekt, natürlich klingen die Beats alle dick und der erfahrene Songwriter Bonez macht nicht fünf mal das gleiche Lied.

Trotzdem drückt er sich gerade auf Solotracks penetrant in der Vordergrund und klingt damit extrem anstrengend. Bonez nennt "Hollywood" sein bisher bestes Werk, dabei ist es sein verkrampftestes. Der monotone Vortrag gepaart mit gähnender Inhaltsleere versprüht keinen Funken Leichtigkeit. "Big Body Benz" fällt dabei als einziger Titel aufgrund einer gewissen Eingängigkeit aus dem Rahmen.

In dieser sonst so mühseligen Durststrecke steckt auch das vorab viel diskutierte "Fuckst Mich Nur Ab", das als Trennung von Gzuz verstanden wurde. Surprise, surprise, alles nur Gerüchte. 187 steht zusammen, erst auf "Grabstein" mit besagtem Kristoffer Klauß, dann auf "187 Gang" mit der ganzen Bande. Sa4, Maxwell, LX und Gzuz machen Party mit Frauen, Drogen und Autos. Doch nach der vorherigen Ernüchterung reißt auch die Unterstützung der Kollegen das Ruder nicht mehr rum. Keine Spur der Wildheit, die die Bande sonst auszeichnet.

Nicht, dass die Mitdreißiger auf einmal erwachsen wären. Aber der Zenit scheint überschritten, jeder weitere Song wirkt wie der neue Aufguss eines schon recht alten Teebeutels. Zwischen diesen Stücken blitzt jedoch nochmal ein kreatives Highlight vor. Bonez disst sich auf "Aww Johnny" selbst und zeigt damit jenen Witz, der ihm sonst auf "Hollywood" abgeht: "So viele Masken und Waffen, ist gut, wir haben es verstanden / Ey, Bro, du machst dich zum Affen, komm mal auf andere Gedanken".

Den Abschluss bildet das jammernde "Papa Ist In Hollywood". Auch ohne die Details der Beziehung zu kennen, erscheint es doch reichlich zynisch, dieses Album mit einem Lied an die eigene Tochter zu schließen. "Wieder ein Bericht in der Mopo / Und alle stellen dir Fragen" beschwert sich Bonez. Warum die Berichte über ihn in der Mopo stehen und was er damit vielleicht selbst zu tun haben könnte, fragt er sich jedoch nicht. Das Schicksal ist eben mal wieder viel zu mächtig, der Gute kann einfach nicht anders. Bleibt zu hoffen, dass das Schicksal ihn nicht zu einem weiteren Album zwingt.

Trackliste

  1. 1. Handschuhfach
  2. 2. Wild Wild West feat. Jahmiel
  3. 3. Roadrunner
  4. 4. Gierig
  5. 5. Panik
  6. 6. Tilidin Weg
  7. 7. Big Body Benz feat. Masicka
  8. 8. Ihr Hobby feat. Maxwell
  9. 9. Fuckst Mich Nur Ab
  10. 10. Grabstein feat. Gzuz
  11. 11. Aww Johnny
  12. 12. 187 Gang feat. Gzuz, Maxwell, LX & Sa4
  13. 13. Papa Ist In Hollywood

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9 Kommentare mit 8 Antworten

  • Vor 4 Jahren

    uff, bonez auf albumlänge ist halt einfach bissi zu viel des guten. soll einfach weiter singles machen.

  • Vor 4 Jahren

    Ein, zwei Songs waren ganz gut, aber gerade bei Bonez MC besticht mich das Gefühl von großer Inhaltsleere. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber auch schon bei Palmen aus Plastik blieb mir bei ihm abgesehen von den Hooklines gar nichts hängen.

    Andere Künstler haben immerhin noch ein oder zwei prägnante Phrasen und Wortspiele im Text, aber Bonez ist so sehr im Beschreiber-Modus, dass man nur mit dem Beat daran erinnert wird, dass es eigentlich kein Podcast über persönliche Erfahrung ist. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben kann, aber bei Bonez fehlt mir immer irgendwas.

  • Vor einem Jahr

    Ich stimme hier in den Tenor gar nicht mit ein ... klar ist es halt Bonez mäßig und nicht jeder will bedeutungsschwangere Texte. Sound ist fett, Hooks sind zum Teil sehr eingängig und man kann das Album auf jeden Fall fast durchlaufen lassen. Die Gangster-Show ist halt sein Image und das will auch bedient werden, die Verkaufszahlen sprechen doch eine eindeutige Sprache. Von mir gibts 4 Sterne, eben weil ich das Album auch nach Jahren immer wieder mal auspacke. Das ist mir bei den meisten anderen Rap/Dancehall Alben nicht so oft passiert, also muss ja was dran sein.