laut.de-Kritik
Der Brite positioniert sich als heißester Anwärter auf die IDM-Thronfolgerschaft.
Review von Matthias MantheRichard D. James aka Aphex Twin aka AFX aka Blue Calx aka Bradley Strider aka Martin Tresseder aka Caustic Window aka GAK aka Soit P.P. aka Polygon Window aka Power-Pill aka Prichard D. Jams aka Q-Chastic aka The Dice Man aka Tahnaiya Russell aka DJ Smojphace döst seit einigen Jahren den verdienten Dornröschenschlaf des Innovateurs.
So scheint es zumindest. Abseits der Analord-Serie ist es verdächtig still geworden um den Großmeister des Braindance. Höchste Zeit für die Elektro-Adelsschmiede Warp, den artverwandten Labelkollegen energischer als bisher ins Stroboskoplicht zu rücken.
Der gute Chris Clark nämlich, aus UK stammend und wahlbeheimatet in Berlin, wird derzeit auf der Straße und im Club als heißester Anwärter auf die IDM-Thronfolgerschaft gehandelt. Suchte die letzte LP "Body Riddle" noch die Schnittmenge aus vertrackter Electronica, Psychedelia und Postrock, wandert der Brite jetzt auf auskonturierten Clubpfaden.
So unmittelbar wie vom tumultartigen Hardtechhouse-Bonebraker "Volcan Veins" wurde der Tanzreflex noch selten gezündet. Ein somatisches Ereignis von Track, geformt auf Grundlage einer Elektroenzephalografik Aufzeichnung im Ecstasy-Vollrausch.
Bisher standen das animalische Moment des Techno und synkopierte Dancefloor-Illness auf Party immer in entgegengesetzten Ecken, würdigten sich kaum eines Blickes. Sinn und Verstand hatten gegen Hand und Fuß null Chance, weshalb der Kopf meistens vorzeitig nach Hause ging.
Clark hingegen taucht tief ein in die zickzackförmigen Exkurse des Richard D. und versieht sie mit exaltierter Energie und überschäumenden Enthusiasmus. Das kommt geradeaus und hektisch, hart und sexuell, voller Geistesblitze. Ohne Verschnaufpause für die Kickdrum transponiert er Hedonistenraves in die Tiefe des Raumes und wieder zurück.
Der "New Year Storm" platziert unerwartet Ambient-Glückseligkeit, "Truncation Horn" bratzt wie tausendundeine Nacht im Ed Banger-HQ, und das biestige "For Wolves Crew" gibt sich mit der bloßen Tangente zum Twinschen Oeuvre nicht zufrieden. Kein Vertun: Wenn jeder Puls zum Bewegungsimpuls überschnappt, darf man wie Clark mit dem Leitmotiv "Alles oder nichts" schon mal plakatieren gehen.
5 Kommentare
Neulich als ich ein paar Freunde in Frankfurt besucht habe, waren wir in irgendeinem Schuppen, indem Ascii.Disko spielen und Alec Empire auflegen sollte. Nur hatte A.D. scheinbar keinen Bock live zu spielen und hat sich nur am Mischpult vergangen. Raus Kam: 08/15 Geballer ohne Variation. Naja, ich war ziemlich betrunken und hatte trotzdem meinem Spaß. Immer noch besser als irgendeine bescheuerte Indiedisco (nichts gegen Indie) in der The Hives und Maximo Park (nichts gegen The Hives und Maximo Park)im Dauerwechsel läuft.
Was das Alles mit der neuen Clark zu tun hat? Nun ja, ordentlich geballert wird da auch. Nur schafft Clark den Spagat zwischen "aggressiven", tanzbaren Songs, die alles andere als monoton oder stumpf sind (siehe auch den grandiosen Friendly Fires Remix auf deren neuesten EP) und anspruchsvollem, atmospärischen (aber nie zu komplexen oder vertracktem) Electro. Ein bißchen Ambient gibts auch noch dazu. Also, alles in allem ein Album das die Bezeichnung IDM ausnahmsweise wirklich mal verdient hat, da sie intelligent und tanzbar zugleich ist. Lest euch einfach die Laut-Review durch, die ist sehr gelungen und trifft den Nagel auf den Kopf. Fans von APHEX TWIN und AUTECHRE (ebenfalls Warp) sollen unbedingt zugreifen. Mit "Turning Dragon" kann man nichts falsch machen.
Achso, um die Geschichte zu Ende zu bringen: Alec Empire war übrigens Bombe. Seit der Robot L.O.V.E Ep sieht der Kerl irgendwie 10 Jahre jünger aus. Was blonde Haare so alles bewirken können.
@himself (« schöne kritik. »):
@himself (« ey, du denkst wohl, ich würde deinen schund da oben meinen! »):
Hier geht es um anonyme CD-Kritiken, nicht um den Deutschen Buchpreis. Ich hab die Platte gehört, fand sie gut und dachte ich stell mal was zu "Turning Dragon" rein. Zumal ich zuerst nicht wußte, dass es schon eine Laut-Kritik gibt. Wenn dann unter meinem Text "Nette Kritik" steht, ist es doch klar, das ich das u.U. auf mich beziehe. Und das ich mich dann dafür bedanke, ist in meinen Augen nur höflich. Ausserdem finde ich es persönlich immer ganz interessant, wenn jemand (egal wer) versucht eine eigene Review zu schreiben und nicht nur bloß Sätze wie "Super Platte", "Lied 6 ist toll!" oder einfach die Tracklist reinstellt. Ich glaub sogar das ist der eigentliche Sinn dieser Rubrik. Das du meinen Text als Schund bezeichnest ist natürlich dein gutes Recht. Wenn man ein Lob fälschlicher Weise auf sich bezieht ist das immer peinlich, aber netter kann man das trotzdem ausdrücken, ohne den Verfasser gleich zu beleidigen.
Zitat (« Abseits der Analord-Serie ist es verdächtig still geworden um den Großmeister des Braindance. »):
The Tuss?
IDM von seiner technoiden Seite, mit teilweise wirklich herrlichen Passagen, Ideenreichtum, Atmosphäre und Geschlossenheit. Da kann ich der neuen Platte leider nur noch ein OK geben. Die "Turning Dragon" find ich doch bei weitem innovativer und spannender.