laut.de-Kritik
Emo-Pop-Punk-Alternative fernab der Champions-League.
Review von Kai ButterweckIm Jahr 2010 katapultierten sich die vier US-Harmony-Punks mit ihrem Debütalbum "Fluorescent Youth" praktisch über Nacht in den sicheren Windschatten von Bands wie New Found Glory und Paramore. So klatschte die Pop-Punk-Gemeinde begeistert auf, während Kritiker das Erstwerk unter dem Banner Drei-Akkorde-Sunshine-Combo-für-die-Warped-Masse verbuchte.
Mit dem neuen Album "Full Of War" will es das Richmond-Quartett nun allen Recht machen. Schließlich haben Bands wie Anberlin und Ivoryline in der Vergangenheit bewiesen, dass man drögen Branchen-Standard mithilfe von aussagekräftigen Lyrics und Songwriting-Experimenten durchaus ein wenig aufpeppen kann.
Conditions scheinen auf den ersten Blick ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Zwar schickt der Vierer zu Beginn ("Walking Separate Ways") mit pumpenden Arena-Drums, glattgebügelten Distortion-Sounds und transparenten Chören ein nahezu identisches Basispaket wie vor drei Jahren ins Rennen, doch klingt das Zusammenspiel aller Beteiligten anno 2013 um einiges gereifter.
Die abermals reichlich umherfliegenden Melodien präsentieren sich auch auf Songs wie "Love Elusive", "Every Day Is A New Life" oder "The Descent Of Man" weitaus langlebiger als noch zu "Fluorescent Youth"-Zeiten. Dazu kommen Texte über die Dualität des täglichen Lebens: "Das Leben ist eine Abfolge von Entscheidungen, und was bedeuten Entscheidungen anderes als kleine Mini-Kriege, gegnerische Kräfte, die sich durchsetzen wollen?", formuliert Frontmann Brandon Roundtree. So kratzt ein Teil des Materials bisweilen recht nah am atmosphärischen Fundament von Bands wie Jimmy Eat World oder Thrice.
Dass es letztlich doch nicht für den Sprung in die Emo-Pop-Punk-Alternative-Champions-League reicht, liegt an immer wieder eingestreuten Erinnerungen an musikalische Fast-Food-Ware der Anfangsjahre ("Skeleton", "Open Eyes") und überzuckerten Elevator-Schmonzetten wie "Wonderful Lie", "What We Wait For" und "Long Division".
"Das Radio in den USA ist voll von eintönigen Songs für Lemminge", beschwert sich Brandon. Tja, Spiegel vors Gesicht halten und an die eigene Nase fassen. Auch wenn sich die eine oder andere Perle des Albums durchaus vom gängigen Einheitsbrei abhebt, so muss man dennoch etwas mehr auffahren, wenn man an besagtem Zustand etwas ändern will.
1 Kommentar
bzgl. des ersten Albums:
'So klatschte die Pop-Punk-Gemeinde begeistert auf, während Kritiker das Erstwerk unter dem Banner Drei-Akkorde-Sunshine-Combo-für-die-Warped-Masse verbuchte.'
Pop-Punk wtf?! Wo sind Conditions bitte Pop-Punk? wurde das erste Album überhaupt von irgendwem in der Redaktion mal gehört? das ist die meiste Zeit über zwar sehr melodiös, aber eben auch schwerfällig. ich bin wirklich seit einiger Zeit schockiert, was hier für ein Musikverständnis herrscht. Das neue Album ist nicht so gut wie das Erstwerk und die vielen Eps, in meinen Ohren. geschenkt. aber individuell betrachtet ist Album Nr.2 immer noch ein gutes Album und hebt sich deutlich über den aktuellen Einheitsbrei der Branche, schon alleine durch die Texte. Diese sind zwar nicht mehr so kritisch und teilweise genial wie von Album eins, heben viele Songs aber dennoch von der Masse ab. Wenigstens wurde das hier erwähnt und nicht wie bei Bastille vollkommen ausgeblendet und daraus ein Sommer-Sonne-Strand Album gemacht. Ansonsten: jedem seine Meinung
und vorallem find ichs schön, dass das Album überhaupt eine Kritik hier bekommen hat, ist ja schon mal was ^^