laut.de-Biographie
Dave Brubeck
"Vor allem fiel es ihnen schwer zu glauben, dass der erfolgreichste Jazz Amerikas von einem Familienvater gespielt wurde, einem entspannten Kalifornier, bescheiden, sanftmütig und offen, der sein ganzes Leben lang gerne ein Rancher gewesen wäre - außer, dass er nicht leben konnte, ohne aufzutreten, denn der Rhythmus des Jazz war, wie er entdeckt hatte, bei aller Entwicklung und Erforschung der Rhythmus seines Herzens." Die britische Wochenzeitung The Economist beschreibt einen Musiker, der den Cool Jazz salonfähig macht und den Jazz an sich ganz anders sieht und denkt: Dave Brubeck.
Am 6. Dezember erblickt David Warren Brubeck das Licht der Welt im kalifornischen Concord und wächst auf der Vieh-Ranch seines Vaters Peter auf. Von seiner Mutter Elizabeth bekommt er das Musikalische in die Wiege gelegt, denn sie ist eine studierte Pianistin und Klavierlehrerin. Dave hat nicht die Absicht, Musiker zu werden (seine beiden älteren Brüder, Henry und Howard, sind bereits auf diesem Weg), aber er nimmt Unterricht bei seiner Mutter. Er kann jedoch keine Noten lesen, was er auf sein schlechtes Sehvermögen zurückführt, aber er 'täuscht' es so gut vor, dass sein Defizit weitgehend unbemerkt bleibt.
Das hält aber nicht für immer, und so fliegt er fast vom College, als seine Professoren feststellen, dass er keine Noten vom Blatt lesen kann. Er erhält Rückendeckung von Kommilitonen, die argumentieren, dass seine Fähigkeit, Kontrapunkt und Harmonie zu schreiben, mehr als ausreiche, und beweisen somit, dass er die Notenschrift beherrscht. Das College ist zwar immer noch besorgt, stimmt jedoch zu, Brubeck den Abschluss nur zu erlauben, wenn er verspricht, niemals Klavier zu unterrichten.
Nach seinem Abschluss im Jahr 1942 heiratet Brubeck seine Partner und Jazz-Texterin Iola Whitlock, wird zur US-Armee eingezogen und dient in Europa in der Dritten Armee. Er meldet sich freiwillig, um bei einer Show des Roten Kreuzes Klavier zu spielen. Das wird ein solcher Erfolg, dass er vom Kriegsdienst verschont bleibt und den Auftrag erhält, eine Band zu gründen. Er gründete eine der ersten ethnisch integrierten Bands der US-Streitkräfte, The Wolfpack. 1944 lernt Brubeck beim Militär Paul Desmond kennen, einen Saxophonisten, der später in Daves Quartett mitspielt. Nach fast vier Jahren in der Armee kehrt er nach Kalifornien zurück, um am Mills College in Oakland zu studieren. Er ist Schüler von Darius Milhaud, der ihn ermutigt, Fuge und Orchestrierung zu studieren, jedoch nicht klassisches Klavier. Während seiner aktiven Dienstzeit erhält er zwei Unterrichtsstunden bei Arnold Schönberg an der UCLA, um Anschluss an die Theorie und Praxis der Hochmoderne zu finden. Die Begegnung endet leider nicht im Guten, da Schönberg der Meinung ist, dass jede Note berücksichtigt werden müsse, ein Ansatz, den Brubeck nicht akzeptieren kann.
Brubeck gründet 1951 das Dave Brubeck Quartet mit Paul Desmond am Altsaxophon, Eugene Wright am Kontrabass und Joe Morello am Schlagzeug. Das Quartett ist lange Zeit im Black Hawk Nightclub in San Francisco zu Gast und erlangt große Popularität, indem es durch die Universitäten tourt und eine Reihe von Alben mit Titeln wie "Jazz At Oberlin" (1953), "Jazz At The College Of The Pacific" (1953) und Brubecks Debüt bei Columbia Records, "Jazz Goes To College" (1954) aufnimmt.
1954 wird Brubeck auf dem Titelblatt des Time Magazine abgebildet und ist damit der zweite Jazzmusiker nach Louis Armstrong 1949, dem diese Ehre zuteil wird. Brubeck persönlich empfindet diese Anerkennung als peinlich, da er Duke Ellington für würdiger hält und davon überzeugt ist, dass er als Weißer bevorzugt wird.
1959 nimmt das Dave Brubeck Quartet "Time Out" auf, ein Album, von dem die Plattenfirma zwar begeistert ist, das sie aber dennoch nur zögerlich veröffentlicht. Das Album mit dem Cover von S. Neil Fujita enthält ausschließlich Originalkompositionen, von denen fast keine im üblichen 4/4-Takt sind: 9/8-, 5/4-, 3/4- und 6/4-Takte werden verwendet, inspiriert von der eurasischen Volksmusik, die die Musiker während ihrer vom Außenministerium geförderten Tournee im Jahr 1958 kennengelernt haben. Aufgrund dieser ungewöhnlichen Taktarten erreicht es jedoch schnell Platinstatus. Es ist das erste Jazz-Album, von dem mehr als eine Million Exemplare verkauft werden. Dave Brubeck ist der erste Popstar des Jazz.
Bis 1966 veröffentlicht seine Band weitere Alben mit einem ähnlichen Ansatz der unüblichen Taktarten und mit Time im Titel. Zudem nimmt Brubeck stets kontemporäre Gemälde als Cover, bspw. "Calculation" von Joan Miró für "Time Further Out", "Orange and Black Wall" von Franz Kline für "Time in Outer Space" und ein Werk Sam Francis für "Time Changes".
Ebenfalls in den 60ern entwickelt Brubeck mit seiner Frau das Jazz-Musical "The Real Ambassadors", basierend zum Teil auf Erfahrungen, die sie und ihre Kollegen auf Auslandsreisen gemacht haben. Das Soundtrack-Album, auf dem Louis Armstrong, Carmen McRae und Lambert, Hendricks & Ross zu hören sind, ist 1961 fertiggestellt; das Musical wird 1962 auf dem Monterey Jazz Festival aufgeführt.
Dave Brubeck heimst in seinem Leben etliche Preise ein und ihm wird viel Ehre zu teil, bspw. ist der Asteroid 5079 Brubeck nach ihm benannt. 1987 erhält er den Connecticut Arts Award, 1996 den Grammy das sein Lebenswerk, 2008 den Benjamin Franklin Award für Öffentliche Diplomatie und Arnold Schwarzenegger nimmt ihn in die California Hall of Fame auf. Er bekommt einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame, den Ehrendoktorgrad sechs amerikanischer sowie drei europäischer Universitäten. Sogar Clint Eastwood dreht 2010 den Dokumentarfilm "Dave Brubeck – In His Own Sweet Way" über ihn anlässlich seines 90. Geburtstags.
Brubeck stirbt am 5. Dezember 2012 in Norwalk, Connecticut an Herzversagen und hinterlässt eine Frau und sechs Kinder, von denen vier ebenfalls professionelle Musiker sind. Ivan Hewett vom Daily Telepgraph fasst diesen außergewöhnlichen Menschen am besten zusammen:
"Er hatte nicht den Ruf mancher Jazzmusiker, die ein tragisches Leben führen. Er nahm keine Drogen und trank nicht. Was er hatte, war eine unendliche Neugierde, gepaart mit Hartnäckigkeit. Sein Œuvre ist erstaunlich, es umfasst Oratorien, Musicals und Konzerte sowie Hunderte von Jazzkompositionen. Dieser stille Mann des Jazz war tatsächlich ein Wunder."
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