laut.de-Kritik

Breiter als das Kreuz eines Heavyweight-Champions.

Review von

Spätestens seit dreizehn Jahren präsentieren sich die Mannen um Sänger Chino Moreno als ultimatives musikalisches Bindeglied zwischen Aman und Mordor. Kaum eine andere Band kreierte seit der Veröffentlichung von "White Pony" eine ähnlich intensive Melange aus sphärischer Melancholie und archaischer Urgewalt wie der Alternative-Fünfer aus Sacramento.

Zweieinhalb Jahre mussten Fans des Quintetts ausharren, ehe sich vor einigen Wochen mit "Leathers", der erste vielversprechende "Koi No Yokan"-Vorbote im World Wide Web ausbreitete. Nun freut sich auch der Rest des siebten Studioschaffens über unbegrenzte Ausgangszeit.

Dass auch nur einer der insgesamt elf neuen Songs aus irgendeiner Ecke dieses Planeten mit Fußtritten wieder in die Heimat katapultiert wird, erscheint ungefähr genauso wahrscheinlich wie eine Duett-Einladung von Tom Araya an Justin Bieber. Vom brachialen Beginn des Openers "Swerve City" bis zum finalen Hi-Hat-Zischen des abschließenden "What Happened To You?" lassen die Deftones keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie immer noch das Maß aller Dinge sind, wenn es um tiefgreifende Yin-und-Yang-Soundlandschaften geht.

Diese präsentieren sich auf Songs wie "Swerve City", "Leathers" oder "Poltergeist" bebend, Feuer spuckend und bedrohlich. Gitarrenwände, breiter als das Kreuz eines Heavyweight-Champions. Ein Schlagzeug, so druckvoll wie eine heißgelaufene Pump-Gun. Ein Sänger, der der Konkurrenz in punkto Ausdruck und Intensität mit jedem weiteren Album mehr entschwindet. Dann gibt es zwischendurch ("Entombed", "Rosemary") aber auch Momente, in denen sich plötzlich grenzenlose Schwerelosigkeit breit macht, der man sich nur schwer entziehen kann.

Trotz allgegenwärtiger Dunkelheit herrscht klare Sicht im Deftones-Universum. Nicht einen Moment verstrickt sich die Band in überflüssigen Ausschweifungen. Jede noch so flächendeckende Soundwand steht felsenfest wie eine Eins.

Die Songs im Einzelnen zu analysieren: nahezu unmöglich. Bereits nach wenigen Minuten stellt sich unweigerlich die Frage: Wie schafft man es, all die kleinen und großen Lichtblicke in ein derartig stimmiges Ganzes zu verwandeln? In welchen Sphären muss man schweben, um einen treibenden Kraftbolzen wie "Tempest" aus dem Ärmel zu schütteln? Herr Moreno, bitte einmal durchklingeln. Ich bin ganz Ohr.

Trackliste

  1. 1. Swerve City
  2. 2. Romantic Dreams
  3. 3. Leathers
  4. 4. Poltergeist
  5. 5. Entombed
  6. 6. Graphic Nature
  7. 7. Tempest
  8. 8. Gauze
  9. 9. Rosemary
  10. 10. Goon Squad
  11. 11. What Happened To You?

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31 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 12 Jahren

    Habe mal spaßeshalber überschlagen: Inzwischen müsten sie gut 2:45std live spielen, um annähernd alles zu bringen, was ich richtig gut von ihnen finde.
    Ich hasse es, wenn Bands in diesen Bereich kommen - für mich als zugegeben (übertrieben) anspruchsvoller Konzertbesucher steigt die Wahrscheinlichkeit ständig, dass nach dem Besuch die Dämmerung eintritt, "es habe zuviel gefehlt"...

  • Vor 12 Jahren

    ich finde, eine band, die großartig ist, schafft es immer wieder mit songs auf ihre ART einen zeitgeistaspekt zu transportieren (besser noch: zu kommunizieren..) und DESWEGEN auf anklang zu stoßen.

    eine sehr gute band wie die deftones begleitet hörer deswegen. bei manchem fängt das altersbedingt früher an - andere kommen später hinzu.

    und:
    was die deftones mit diesem Album meiner Meinung nach wieder schaffen, ist, hammersongs abzuliefern. in der Hinsicht, dass einzelne stücke einfach absolut herausragen..einfach: punktlandungen sind.

    für mich waren solche songs 7 Words, my own summer, (eben auch) digital bath. und dann war über 2 alben leider nix dabei.

    erst mit diamond eyes haben die deftones wieder angefangen, richtig große einzeltitel zu liefern. und auf "koi?" sind wieder so viele, wie seit White Pony eben nicht mehr.. das ist das tolle am neuen Album, finde ich.

    es gibt wieder echte kleine edelsteinchen :-) mein fave ist bisher auch "rosemary"? einfach obergöttlich.

  • Vor 12 Jahren

    ich finde, eine band, die großartig ist, schafft es immer wieder mit songs auf ihre ART einen zeitgeistaspekt zu transportieren (besser noch: zu kommunizieren..) und DESWEGEN auf anklang zu stoßen.

    eine sehr gute band wie die deftones begleitet hörer deswegen. bei manchem fängt das altersbedingt früher an - andere kommen später hinzu.

    und:
    was die deftones mit diesem Album meiner Meinung nach wieder schaffen, ist, hammersongs abzuliefern. in der Hinsicht, dass einzelne stücke einfach absolut herausragen..einfach: punktlandungen sind.

    für mich waren solche songs 7 Words, my own summer, (eben auch) digital bath. und dann war über 2 alben leider nix dabei.

    erst mit diamond eyes haben die deftones wieder angefangen, richtig große einzeltitel zu liefern. und auf "koi..." sind wieder so viele, wie seit White Pony eben nicht mehr.. das ist das tolle am neuen Album, finde ich.

    es gibt wieder echte kleine edelsteinchen :-) mein fave ist bisher auch "rosemary" - einfach obergöttlich.