laut.de-Kritik
Intime Pop-Songs ohne Kitsch.
Review von Tobias LitterstFünf Jahre nahm sich die britische Sängerin Zeit, um ihr drittes Studioalbum aufzunehmen. Und die brauchte sie auch, denn seit dem Zweitwerk "Life For Rent" ist viel passiert. Dido musste den Tod ihres Vaters verarbeiten, und zur musikalischen Weiterentwicklung besuchte sie Kurse an der Uni. Außerdem holte sie sich Produzent John Brion (Kanye West, Beck, Fiona Apple) ins Boot. Der half Dido nicht nur bei der Komposition, sondern entwarf auch einen brillanten und ganz eigenen Sound.
Auf "Safe Trip Home" gehen Klang und Stille Hand in Hand. Mit Streichern, Beats und massiven Bässen fällt die Instrumentierung ziemlich üppig aus. Diese schiebt Brion aber auf geniale Weise in den Hintergrund. So entsteht eine verträumte Klang-Leinwand. Darüber pinselt die Künstlerin mit sanfter Stimme ihre herrlich melancholischen Melodien.
Bei den Song-Gemälden handelt es sich keineswegs um einfache Fast-Food-Kunst. Hier gibt nicht ein eingängiger Refrain den Ton an. Vielmehr bewegen sich die Kompositionen oft in überraschenden, teils jazzigen Gefilden. Wer in den vollen Genuss dieser Musik kommen möchte, muss also genau hinhören.
Die Single "Don't Believe In Love" stimmt sehr passend ein. Obwohl das Stück mit seinem entspannten Groove noch zu den flotteren Nummern gehört, sind auch hier Ruhe und Nachdenklichkeit schon deutlich präsent. Danach verzückt die Sängerin alle Anhänger intimer Pop-Songs ohne Kitsch.
"Quiet Times" ist zwar durchaus einfach gehalten, funktioniert aber prächtig. In "Never Want To Say It's Love" würzt sie ihren Stil mit einer Prise Reggae. "Grafton Street" überrascht mit Blockflöten-Solo und zeitweiligem Purismus. Im Walzer "It Comes And It Goes" spielt die Musikerin gekonnt mit der Dynamik.
Gleich darauf kredenzt sie uns mit "Look No Further" eine schöne Ballade, die sich fern von jeglichem Pathos hält. Mit dem schnelleren "Us 2 Little Gods" ist leider auch ein schwaches Stück vertreten, da macht sich zum ersten Mal Monotonie breit. Die legt sich aber schon bald wieder.
Das traurig folkige "The Day Before The Day" erzählt vom Abschied eines lieb gewonnenen Menschen. Damit setzt Dido ihrem Vater ein eindrückliches Denkmal. Mit "Let's Do The Things We Normally Do" geht es noch mal relaxt groovend zu, bevor "Burning Love" und "Northern Skies" das Album solide beschließen.
Die Texte erzählen zwar überwiegend von der Liebe und dem Scheitern diverser Beziehungen, bleiben aber doch facettenreich, persönlich und glaubhaft. Die 37-Jährige bewährt sich als exakte Beobachterin der menschlichen Gefühlswelten und alltäglicher Szenen.
Mit "Safe Trip Home" hat Dido eine große Entwicklung vollzogen. Sie liefert Adult-Pop in höchster Qualität. Dieses Werk ist der ideale Soundtrack für Nächte voller Melancholie. Egal wie dunkel und schwarz die auch sein mögen, Dido führt uns sicher nachhause - direkt in unser innerstes Selbst.
15 Kommentare
endlich ein neues album von ihr, habs mir auch direkt geholt und muss sagen bin beeindruckt
nur schon krass das sie schon 37 ist, wie die jahre vergehen..
Super Album Mehr kann ich dazu nicht sagen, die Review trifft es auf den Punkt.
super album
super review
Kann dem meisten nur zustimmen, sehr schönes Album. Ich finde keinen wirklich schlechten Song, am besten gefällt mir bis jetzt "Let's do the things we normally do", die Melodie find ich auch schon recht einprägsam.
Meiner Meinung nach das beste Album von Dido, vielleicht liegts aber nur daran dass ich "No Angel" zu oft gehört hab.
@Daniel (« Das Debüt war trotz Klingeltönen und Kommerz top, der Nachfolger war durchwachsen. Schön, dass sich Dido qualitativ eher am Debüt orientiert und somit vielleicht den ein oder anderen White-Flag-Teenie in die Flucht schlägt, aber zumindest die eigene Glaubwürdigkeit wahrt. »):
Sehr schön gesagt, Daniel. Habe mir die Platte erst gestern geholt aber sie ist mir schon sehr nah.
sc
@sonni198919 (« Gerade hab ich die Kritik gelesen und bin sehr glücklich darüber. Und ich muss zustimmen: Es ist wirklich so, dass diese Melodien nicht gleich beim ersten Hören im Ohr bleiben, aber sie schleichen sich ganz langsam bei einem ein, wachsen in einem und schließlich lassen sie dich nicht mehr los. So gehts mir zumindest. Aber ich empfinde das als Erholung, nicht von irgendwelchen Beats überrannt zu werden, sondern langsam Zugang zu den Melodien zu bekommen. Und wenn man diesen Zugang erstmal gefunden hat, ist dieses Album auf ganzer Linie ein Gewinn. »):
Hab das Album erst vor einigen Tagen angehört und kann dir 100%tig zustimmen. Selten so tolle Popmusik gehört!!