laut.de-Kritik
Die Diversität ist der rote Faden.
Review von Alexander Austel"Diese Veränderung hätte ich euch niemals zugetraut. Ich liebe eure alten Sachen, euer Style war einzigartig, anders, originell, dreckig und twisted as fuck, aber das hier klingt als hättet ihr das Wochenende mit Drake verbracht und danach ein Album aufgenommen", konstatiert ein offensichtlich enttäuschter Facebook-Like der Holländer. Ein anderer wundert sich: Wo sind die Banger?
In der Tat knallen und schießen Dope D.O.D. nicht mehr aus allen ihnen zur Verfügung stehenden Rohren. Klingelnde, Bass-drückende und abgespacte Sounds gepaart mit tickenden Hi-Hats ersetzen zu Teilen die monströs-wabernde, knallig-kratzende und technoide Geräuschkulisse der letzten Platten. Doch mit dem veränderten Sound zertrampelt man als Hörer zwar nicht mehr im Takt des Nachbars Blumenbeet, kann sich jedoch an mehr Individualität der Rapper erfreuen.
So scheint besonders Jay Reaper Gefallen daran zu finden, wie ein zugeknallter Psychopath zu klingen, der mal flüsternd und kratzend seine Lines hechelt, um dir später mit aggressiv-bedrohlicher Tonlage die Gehörgänge zu zertrümmern. Diese Qualität kommt besonders in der düster-psychotischen Stimmung von "Ready To Die" zum Ausdruck: Langsam türmt sich eine vernebelte, bedrohlich wirkende, ungreifbare Sound-Wand auf, die mit den tickenden Drum-Schlägen für Gänsehaut-Stimmung sorgt. Stimm- und klanggewaltig überzeugt der Track auf ganzer Linie - und das ganz ohne Banger-Qualitäten.
"Smash" schlägt in eine ähnliche Kerbe, arbeitet aber mit einem gewaltigeren Bass, der die Raps passend untermalt. "Dean" dagegen trumpft mit selbstverherrlichenden Zeilen, die beide mit zurückgelehnter Lässigkeit vortragen und dem Track dadurch eine beflügelnde Leichtigkeit verschaffen. Ein Platz weiter unten auf der Tracklist wartet dann schon der aufgedrehte Auto-Tune-Einsatz, dem wohl Fans der ersten Stunde wenig abgewinnen können.
Das niederländische Trio probiert sich aus, keine Frage. Dadurch landeten unterschiedlichste Song-Ansätze auf dem Mixtape, das seinem Namen alle Ehre macht. Von verträumten Tunes über aggressives bis verstörendes Trap-Geballer findet sich hier alles. Die Diversität als roter Faden sozusagen. "Acid Trap" steckt voller Überraschungen und mit jedem neuen Track entsteht ein neues Bild: Völlig unberechenbar, mal verdrogt über den Wolken schwebend, dann wieder fast aussichtslos düster und direkt aus der Hölle keifend.
Der neue Sound oder die neuen Einflüsse stören nicht wirklich, sondern vielmehr die Laufzeit: Fast eine Stunde Dope D.O.D. auf 17 Tracks verteilt bringen einen schier um den Verstand. Ob es nun wirklich drei verschwommene und hinter anderen Galaxien kreisende Drogen-Hymnen hintereinander sein mussten, darf man bezweifeln. So verwässert der sehr gelungene Mixtape-Einstieg auf Dauer und der Gesamteindruck leidet. Nichtsdestotrotz hat man es hier mit einem unterhaltsamen Teil zu tun, das einen bis weit in die psychischen Abgründe der zwei Knallköpfe mitnimmt: "I'm a demon on the loose / Your neck in my noose / Niggas tried to kill the GOAT / Now I'mma kill the goose / Screws loose I just shoot / Booze choose Grey Goose / Move, move or get boot / Salute my troops and get loot."
1 Kommentar
Kann dem Zitat vom Anfang der Review nur zustimmen. Leider schwach.