laut.de-Kritik

Vertrippter Südstaaten-Flavor vom Reißbrett.

Review von

Als sich zu Beginn der Zehnerjahre The New New York formierte, waren die Rollen schnell und klar verteilt. Der A$AP Mob adaptierte den hustensaftverhangenen Houston-Sound, Action Bronson reanimierte den Ghostface Killah. Zeitgleich versammelte sich in Flatbush eine Garde spirituell geprägter Rapper, die sich unter dem Dachverband Beast Coast zusammenschlossen. Neben Joey Bada$$' Pro Era-Crew und den Underachievers zählen dazu zuvorderst die Flatbush Zombies, bestehend aus Erick The Architekt, Zombie Juice und Meech Darko.

Seit Veröffentlichung ihres Mixtapes "D.R.U.G.S." 2012 gelten die Flatbush Zombies nicht nur als Mitbegründer des Golden Era-Revivals, sondern auch als Vordenker eines psychedelischen Soundentwurfs, der heutzutage omnipräsent in der Ästhetik verschiedenster Künstler verankert ist. "3001: A Laced Odyssey" soll nach einer Reihe Free-Downloads nun endgültig ihre Stellung in der New Yorker Szene manifestieren.

Statt sich dafür sonderlich zu verbiegen, gehen die Zombies nach dem Min-Win-Min-Lose-Prinzip vor. Will heißen: Ähnlich wie die Vorgänger-Mixtapes atmet das Erstlingswerk des Trios vertrippten Südstaaten-Flavor, den der stets merklich spürbare NYC-Einfluss erdet. Dabei kommt den Flatbush Zombies, respektive ihrem Produzenten Erick The Architekt, diesmal allerdings nicht nur das livetaugliche Überraschungsmoment abhanden, sondern in erster Linie die Fähigkeit, gleich auf den ersten Hörgang mächtig Eindruck zu hinterlassen.

So verwässert sich "3001: A Laced Odyssey" trotz stilvoll eingespielten Soul- und Blues-Samples ungewollt selbst. Dafür spricht allein schon die übervorsichtige Ausrichtung der Platte, die stur vom Reißbrett weg geplant zu sein scheint. "The Odyssey", die Einführung zum acidbenebelten Trip der Zombies, startet noch mit pompösem Raketen-Countdown, um danach in lethargischer Selbstgefälligkeit die eigenen Standout-Songs "Palm Trees" und "Nephilim" zu samplen. Leider wirken Großteile des Albums ähnlich konstruiert und vorhersehbar.

So hangelt sich das Trio entlang an dagewesenen Songkonzepten, die inhaltlich wie soundästhetisch zwar weit entfernt von einer Enttäuschung bleiben, sich aber genauso schnell in den Tiefen des WWW verlieren werden. "A Spike Lee Joint" rühmt sich mit Unabhängigkeit und künstlerischer Freiheit, bewegt sich aber trotz entschleunigtem Tempo, das in Teilen tatsächlich an umherwandelnde Zombies erinnert, dennoch zu jeder Zeit im Korsett herkömmlicher Hip Hop-Veröffentlichungen.

Der Leadsingle "Bounce" fehlt es an ebenjenem, "New Phone, Who Dis?" verkommt zur x-fach gehörten Erörterung über das Für und Wider des erlangten Ruhms. Warum die Flatbush Zombies trotzdem zu den wichtigsten Vertretern der Hip Hop-Geburtsstätte zählen und Horrorcore-Vergleiche mit den Gravediggaz alles andere als weit hergeholt sind, beweisen sie leider nur in den Momenten, denen kein tiefer gehendes Konzept zugrunde liegt.

Bezeichnenderweise bleibt so der Skit als hängengebliebene Stoner-Hymne noch am ehesten in Erinnerung. Auch "Ascienson", Meechy Darkos Solotrack, wird schon durch dessen dunkel-verkratzten Stimmeinsatz zur stattlichen Psycho-Nummer, die im sonst so faden Album-Kontext um so mehr Spaß macht. "Taking over the world, we'll do it one day at a time / Time is an illusion, I think that I'm losing my mind."

Dennoch: Für die meisten sind die Flatbush Zombies zwar mehr als nur ein Begriff, so wirklich in die Playlisten von NYC bis Gräfenhainichen haben sich die Untoten aber noch nie gespielt. Dass das auch mit "3001: A Laced Odyssey" nicht gelingen wird, sorgt dabei nicht einmal für die größte Verwunderung. Was die Jungs bisher fraglos ausmachte, war die Power, die sie live an den Tag legen. Wie gut (oder eben nicht) das mit dem neuen Material funktioniert, wird sicher auch darüber entscheiden, wie wichtig die Flatbush Zombies in Zukunft noch für die New Yorker-Szene sein werden.

Trackliste

  1. 1. The Odyssey
  2. 2. Bounce
  3. 3. R.I.P.C.D.
  4. 4. A Spike Lee Joint feat. Anthony Flammia
  5. 5. Fly Away
  6. 6. Ascension
  7. 7. Smoke Break (Interlude)
  8. 8. Trade-Off
  9. 9. Good Grief feat. Diamante
  10. 10. New Phone, Who Dis?
  11. 11. This Is It
  12. 12. Your Favorite Rap Song

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1 Kommentar mit 2 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    Der Review kann ich leider zustimmen. Ich hatte mich sehr auf das Album gefreut und wurde dann enttäuscht. Es kann in keinster Weise mit den Mixtapes mithalten.

    Wirklich schade, weil die Entwicklung in die richtige Richtung ging. Better off dead hat mir richtig gut gefallen und läuft auch jetzt noch regelmäßig durch. Beim Clockwork Indigo war Butterfly Effect hervorragend und auch sonst waren die Freetracks, die ohne zugehöriges Projekt veröffentlicht wurden wie Glorious Thugs durchweg stark.

    Den Kauf bereue ich aber nicht. Ich seh's einfach als dankeschön für die ganze Musik, die es for free gibt. Bei einem Konzert wäre ich auch wieder dabei.

    • Vor 8 Jahren

      Sehe ich genauso, Better Off Dead war ein Klassiker.

    • Vor 8 Jahren

      Ich bin ja hin- und hergerissen. Einerseits fand ich es ganz angenehme, sie mal nicht auf völlig abgefuckten Songs zu hören. Andererseits ist es, auch wenn Your Favorite Rap Song oder R.I.P.C.D. absolute Mörderdinger sind, wie es zB schon der minimalistisch-klassische Mixtape-Track Face-Off war, dann wohl auch fraglich, ob ich mir für diese Sorte Sound wirklich eine Zombies Platte kaufen muss oder ob die ihre Vibes nicht schon immer und (ausschließlich) am besten mit Psycho-Brechern wie S.C.O.S.A. verbreitet haben.

      Und ehrlich: Ich glaube, ich kann keiner der beiden Sichtweisen völlig zustimmen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte, auch wenn "Odyssey" für Zombies-Verhältnisse schon überraschend chillig geraten ist.