laut.de-Kritik
A Kiss with a fist is better than none.
Review von Tobias LitterstMan muss schon einen ausgeprägten Sinn für Abgründiges besitzen, um das Debüt der britischen Newcomer Florence And The Machine uneingeschränkt genießen zu können. Fast über die gesamte Spielzeit beschäftigt sich Mastermind und Sängerin Florence Welch mit Trennung, aussichtsloser Liebe und Tod. Diese schweren Themen bringt sie jedoch nicht, wie schon so oft gehört, mit einer Überdosis gejammerten Weltschmerzes an ihr Publikum. Vielmehr verarbeitet Welch den traurigen Stoff zu energischen Songs, die sich fernab jeglicher Lethargie bewegen und nicht mit hintergründigem Humor geizen.
Auch an klanglicher Schönheit spart die Songschreiberin nicht im Geringsten. Abwechslungsreich und clever platziert sie ein buntes Soundgemisch aus Harfe, dezenten Streichern, Gitarren, Synthies, üppigen Chören, Klavier, Percussion und wuchtigen Drums um ihre kräftige Stimme. Die trägt jede Menge Soul, Blues und einen hohen Wiedererkennungswert in sich.
Erfreulicherweise lässt sich auch in den zwölf Songs des Longplayers jede Menge Individualität ausmachen, wie schon "Dog Days Are Over" unmissverständlich verkündet. So wie der Opener von einem abrupten Aufbruch in stürmische, ungewisse Zeiten erzählt, durchbricht Welch die gängigen Strukturen des Pop. Dabei entsteht eine dynamische Collage aus Punk, Klassik und Rock'n'roll.
Der nächste Höhepunkt folgt wenig später mit "I'm Not Calling You A Liar". Wortgewandt und ergreifend beschreibt das Stück eine innige Liebe. Die Musik besitzt eine geradezu andächtige Atmosphäre und Intensität, der selbst die pompöse Instrumentierung nie den Nährboden zu rauben vermag.
Von Zeit zu Zeit unterbricht Welch diese mystischen Momente, um sie in nicht minder spannende Weltlichkeiten zu transformieren. So besingt sie etwa in ihrem von E-Gitarren verhangenen Punkblues "Kiss With A Fist" mit großer Ironie den Alltag zweier Menschen, die handfeste Streitigkeiten in den Mittelpunkt ihrer Beziehung stellen. Ihr Résumé:"A kiss with a fist is better than none".
Fast allen "Lungs"-Tracks könnte man uneingeschränkt Lob zusprechen, als Füllmaterial entpuppen sich lediglich die eintönige Nummer "Howl" und der Song "Hurricane Drunk". Letzter enthält zwar einen schönen Breakdown, begnügt sich ansonsten aber mit überstrapazierter Refrain-Nutzung. Insgesamt erheben Florence Welch und ihre Begleitband den Streifzug durch menschliche Abgründe zu einem wunderbaren Erlebnis. Vor allem, weil man beflügelt von Humor und Lebendigkeit nie Gefahr läuft, darin zu versinken.
16 Kommentare
Gute Review für ein großes Album
Erinnert mich stimmlich ein bisschen an Kate Nash, nur facettenreicher.
Die Songs beschäftigen sich zwar, wie in der Review angedeutet, hauptsächlich mit eher düsteren Themen, musikalisch läuft das Ganze aber eher locker, teils fast euphorisch und manchmal sogar mit einem Schuss Pathos ab.
Letztendlich hätte es imho auch ruhig die Höchstwertung sein dürfen.
Highlights gerade:
Drumming
Cosmic Love
Between Two Lungs
Girl With One Eye
better THAN, nicht then.
Das in der Review angesprochene Howl find ich eigentlich ganz in Ordnung und den Rest des Albums sowieso. Vier Punkte sind ok, hätten gern auch Fünf sein können.
Düstere Themen verpackt in Euphorie und Pathos find ich jedenfalls gut.
Higlights sind für mich momentan Rabbit Heart, Cosmic Love und Between Two Lungs.
morgen wird das album gekauft. mit kate nash hat sie wohl wenig gemeinsam, außer vielleicht äußerlich. die frau hat im gegensatz zu kate nash so eine dermaßen gewaltige stimme, wahnsinn.
girl with one eye, endlich mal wieder ein song der nach dem ersten hören sofort hängen bleibt.
Hat für mich persönlich den Titel "Album des Jahres".
Empfinde jeden Song als etwas grossartiges und eine tolle Art wie sie ihre Songs präsentiert und singt.
Das Album hat was mystisches, traumhaftes...es entführt dich an einem Ort, von dem du nicht mehr zurückkehren möchtest.
schade, dass hier "nur" das "lungs" rezensiert wurde. ich selbst habe das "between two lungs" und liebe gerade die live-songs auf diesem doppelalbum. gerade "drumming song", "girl with one eye" und "dog days are over" sind live der absolute overknaller. für "lungs" gäbe es von mir 4 sterne. für das doppelalbum glatte 5.