laut.de-Kritik
Der 'kleine Bruder' zeigt musikalische Eigenständigkeit
Review von Martin TenschertFritz Kalkbrenner, ehemaliger Journalist und einstmals dem Hip Hop verhaftet, ist der Bruder seines Bruders. Beide machen elektronische Musik, und ja, beide haben zusammen "Sky And Sand", den Titelsong des Films "Berlin Calling" produziert.
Das war es aber auch schon mit dem gemeinsamen musikalischen Werdegang. Fritz bevorzugt nämlich die etwas deepere, funk-orientiertere Variante der elektronischen Musik. Seine Definition von House-Musik stellt er uns mit der Veröffentlichung seines Debütlbums "Here Today Gone Tomorrow" vor. Ein bescheiden-ironisch gewählter Titel, Fritz hält es also mit der Vergänglichkeit, dem barocken Vanitas-Gedanken. Sich selbst nicht allzu hochzuhalten, sondern eher hochzunehmen.
Dabei vermählt der ehemalige Mitarbeiter des MDR clubbige Stücke und poppigere Ansätze miteinander. Auf beiden Seiten kommt die markante Stimme des Künstlers zum Einsatz: "Right In The Dark" profitiert von ihrer einmaligen Charakteristik. Aber wer F.K. einmal bei einer seiner energetischen Live-Performances im Club gesehen hat, weiß natürlich, dass der Dancefloor im Fokus bleibt: "Kings In Exile" ist ein hypnotischer Track in progressiver Gangart, der mit den wabernden Synthie sogar ein wenig kalkbrennersche Familienähnlichkeit aufkommen lässt.
Trotzdem kommen zu keinem Zeitpunkt Zweifel an Fritzens musikalischer Eigenständigkeit auf. Er traut sich auch Tempowechsel zu, "Facing The Sun" ist ein schöner Downtemposong mit Delay- und Filter-Einsatz, ergänzt von akustischen Elementen wie Glockenspiel und abgerundet von extrem lässigen Gesangspassagen.
"Here Today ..." erscheint im Herbst und passt mit seinen teils melancholischen, teils warmen Klängen nur zu gut in die Jahreszeit der Kaminfeuer-Raves. "Was Right Been Wrong" kann man als Paradebeispiel für diese Grundstimmung anführen.
Frühe Hip Hop- und Trip Hop-Einflüsse zeigt Kalkbrenner auf dem, wie der Name schon ankündet, Sample-orientierten Stück "Simple Sample Action". Diesen Mut zur Variation vermisst man leider oft auf House-Alben, zum Glück hat Fritz einfach die Musik gemacht, auf die Bock hatte, verarbeitete eben auch seine Hip Hop-Wurzeln, anstatt sich zu sehr einem einzelnen Genre zu widmen. "Here Today, Gone Tomorrow" - ein Debüt, das dem "kleinen Bruder" den Status der künstlerischen Eigenständigkeit verschafft.
5 Kommentare
Schönes Album, gefällt mir fast schon besser als das Zeug seines Bruders.
Ganz, ganz starkes Album! Kann man wunderbar am Stück sich anhören!
Sensationell gutes Album. Mein absoluter Favorit ist bereits die zweite Nummer "Kings in Exile". Und auch der Bonustrack (iTunes) "Turnpike" hat es mir besonders angetan.
Auch wenn's bei näherer Betrachtung doch eigenständiger erscheint, klingt's doch irgendwie nach Kalkbrenner. Und das isses dann ja auch.
gutes album.. bin wohl aber eher der paule typ