laut.de-Kritik
Hymnen für den deutschsprachigen Metal.
Review von Manuel BergerDeutschsprachiger Metal ist ja immer so eine Sache. Entweder man kopiert schlecht Rammstein, oder man ist im Allgemeinen schlecht. So jedenfalls das gängige Vorurteil. Hämatom steuern dagegen schon seit Jahren recht erfolgreich an. "Wir Sind Gott" zeigt, dass man Rammstein zitieren kann, ohne wie Rammstein zu klingen.
Gleich zu Beginn liefern Hämatom mit dem Titeltrack ein amtliches Brett. Lauernde Synthies wechseln sich mit harter Riffarbeit ab — von der Produktion hervorragend zur Geltung gebracht. Ein hymnischer Refrain, der live eine immense Publikumslautstärke generieren dürfte, sorgt für den ersten Ohrwurm.
Der nächste kommt sofort hinterher: "All U Need Is Love", mein persönlicher Favorit des Albums. Der Track baut zunächst kontinuierlich Spannung auf, die er im eigentlichen Refrain zwar kurz wieder verliert. Dafür entschädigt aber die brachiale Titelhook und der Gangshout-Breakdown. Ein wunderbarer Ausraster.
Spaß und Aggressionstherapie wären damit also schon mal geritzt. Kommen wir zum Rammstein-Zitat. Das nennt sich passenderweise "Made In Germany" und schnappt sich die "Moskau"-Trademarks. Backgroundsängerin: check. Entsprechende Synthies: check. Dass das nicht zum Abklatsch verkommt verdanken Hämatom ganz einfach der Fähigkeit, den restlichen Song nach sich selbst und so gar nicht nach Rammstein klingen zu lassen. Funktioniert.
Leider nur bedingt funktionieren die Texte. Die sind zwar lyrisch in der Regel recht ansprechend und präsentieren einen gelungenen Mix aus popkulturellen Referenzen, Interpretationsoffenheit und, wenn nötig, sehr direkter Sprache. Dabei bleiben sie dabei stets angenehm einfach, verständlich und gut strukturiert. Trotzdem geht der Griff in die Floskelkiste hie und da etwas zu tief ("Mach kaputt, was dich kaputt macht" ("Mach Kaputt"), "Tanz Aus Der Reihe" oder "Fick Das System").
Auch die gewählten Themen sind oft einfach ausgelutscht. Braucht man anno 2016 echt noch einen Song wie "Offline"? Hämatom bringen es zwar schön auf den Punkt ("Die Welt hier draußen kann so wirklich sein"), aber das haben wir nun wirklich schon zur Genüge durchgekaut. Dann doch lieber den x-ten Antinazi-Song ("I Have A Dream") — manches wird eben nie alt.
Durchgängig vor Plattitüden gefeit sind auch die Instrumente nicht. Der frische Sound macht zwar vieles wett, ab und an geraten Strophe oder Chorus dann aber doch mal ein wenig zu platt und gleichförmig. Zum Glück ist das aber eher die Ausnahme und tut dem Mitsingpotenzial keinen Abbruch. "Ist Das Kunst?" - kommt auf die Definition an. Für eine Stunde Welt aus reicht es dicke. Und allein um die Songs bis zum Live-Erlebnis auswendig lernen zu können, lohnt sich "Wir Sind Gott" schon.
2 Kommentare
Ungehört
Konnte leider nur den ersten Absatz lesen, denn Hämatom gehört leider zum zweiteren. Ansonsten das was Catch sagt.