Il Volo - " Il Volo"

So schön und lebenswert Italien auch ist – es gibt Dinge vom Stiefel, die kein Mensch braucht. Silvio Berlusconi zum Beispiel. Noch einen Fußballskandal. Den Kräuterlikör namens Ramazzotti und auch den gleichnamigen Sänger. Die fünftausendste Version von "'O Sole Mio". Oder nerdige Jugendliche, die auf Tenöre machen und mit Kulleraugen in die Kamera blicken.

Womit wir beim Thema wären. Dass Piero Barone, Ignazio Boschetto und Gianluca Ginoble 2009 mit dem neapoletanischen Gassenhauer die TV-Talentshow "Una Canzone Per Te" gewannen, ist schön für sie. Damals waren sie noch nicht mal volljährig, als Gag konnten ihre tiefen Stimmen also noch durchgehen.

Zu unserem Unglück gerieten sie gleichwohl in die Hände von Andrea Bocellis Manager. Der verkaufte sie in die USA (an Geffen - ausgerechnet das Label, das einst Guns N'Roses unter Vertrag nahm). Die Produzenten Tony Remis und Humberto Gatica, die neben Bocelli auch schon das Who's Who der internationalen Popszene betreuten, wurden für die Regler gebucht.

Und das Veteranenduo schusterte um die drei nicht weiter bemerkenswerten Stimmen ein barockes Gewand aus orchestralen Klängen. Natürlich so arrangiert, dass weibliche Teenies von 9 bis 90 darauf abfahren. Also so seicht, dass selbst Genremeister Josh Groban vor Neid erblassen dürfte.

Relevanz: null Prozent. Schmalz: 100 Prozent. Neben drei Stücken aus der Feder der Balladen-Songschreiberin Diane Warren befinden sich auf dem Album auch "Notte Stellata (The Swan)" des französischen Komponisten Camille Saint-Saëns, Nat King Coles "Smile" und "E Più Ti Penso", das Ennio Morricones Soundtrack zu "Spiel Mir Das Lied Vom Tod" aufgreift. Gebotene Sprachen: Italienisch, Spanisch und Englisch, damit für jeden was dabei ist.

Warum derlei in die Charts gelangt, ist eines jener unergründlichen Mysterien, die nicht einmal Ranga Yogeshwar zu erklären vermag. Platz acht in Italien, gar Platz sechs in den Staaten, und nach dem Auftritt des Trios bei "Wetten, Dass..?" gesteigertes Interesse in Deutschland – das Grauen nimmt kein Ende. Und angesichts der Rezeptur liegt die Befürchtung nahe, dass Folgealben drohen.

Signor Berlusconi, erweisen Sie der Menschheit endlich mal einen guten Dienst: Verziehen Sie sich auf Nimmerwiedersehen samt ihren Bunga Bunga-Girls in eine ihrer Villen am anderen Ende der Welt. Und nehmen sie die drei Buben gleich mit.